© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 49/19 / 29. November 2019

Lesereinspruch

Abartige Idee

Zu: „Richten über den Kommunismus“ von Mathias Pellack (JF 46/19)

Wenngleich die Idee, die Verbrechen des Kommunismus gerichtlich „aufarbeiten“ zu lassen, sympathisch anmutet – die dafür noch zu gründende Instanz „Nürnberg“ zu nennen, ist bescheuert! Die Richter und sonstigen Gerichtspersonen des Internationalen Militärgerichtshofs von Nürnberg waren ausnahmslos Angehörige solcher (übrigens auch kommunistischer) Staaten, die zweimal gegen Deutschland Krieg geführt – und gewonnen – hatten. Der aktuell gerade hundertjährige Versailler Vertrag sollte Deutschland nicht nur schwächen, sondern demütigen; da beides nicht ganz gelungen war, wurde gröberes Geschütz aufgefahren. Die Gesetze, nach denen der Gerichtshof urteilte, waren teils von den Siegermächten erst beschlossen worden. Werner Bergengruen, den die JF kürzlich wieder in Erinnerung rief, hatte einst nicht die Aburteilung der Kriegsverbrecher als solche kritisiert, sondern, daß diese durch die Siegermächte erfolgte. Das Nürnberger Verfahren nun zu adeln, indem es zum Vorbild und am Ende gar Namensgeber für andere, und seien es auch rechtsstaatlich geführte politische Prozesse genommen wird, ist einfach abartig!

Hans-Otto Schulze, Buchholz