© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 50/19 / 06. Dezember 2019

„Wir müssen die Gesellschaft vereinen“
Regierungswechsel in Uruguay: Der neue Präsident will frischen Wind in das Land bringen
Wolfgang Bendel

Uruguay wird zukünftig von Luis Lacalle Pou regiert, der dem Mitte-Rechts-Lager zuzuordnen ist. Der Anwalt und Sohn des früheren Präsidenten Luis Alberto Lacalle wird Nachfolger des von der linken Frente Amplio (Breite Front) gestellten bisherigen Staatsoberhaupts Tabaré Vázquez.

 Lacalle ist Mitglied einer der beiden großen Traditionsparteien des Landes, des konservativen Partido Nacional (besser bekannt unter dem Namen Partido Blanco – Weiße Partei). Obwohl der Wahlgang bereits am Sonntag, dem 24. November stattfand, konnte sich der unterlegene Kandidat Daniel Martínez erst am nachfolgenden Donnerstag durchringen und seine Niederlage eingestehen. Er werde sich mit dem „gewählten Präsidenten“ treffen. Gleichzeitig bedankte er sich bei seinen Wählern und fügte hinzu: „Wir werden die Demokratie stärker denn je verteidigen.“ „Wir müssen die Gesellschaft vereinen, wir müssen die Uruguayer vereinen“, ist sein Credo.

Nachdem fast alle Stimmen ausgezählt wurden, lag Lacalle mit rund 50.000 Stimmen vor dem Vertreter der Frente Amplio. In Prozenten ausgedrückt hatten für  Lacalle Pou 51 und für Martínez 49 Prozent der Uruguayer gestimmt. Ein zwar knappes, aber dennoch eindeutiges Ergebnis. 

Im Ersten Wahlgang hatte Martínez noch deutlich vor Lacalle Pou gelegen. Die Kandidaten, die nicht in die Stichwahl kamen, darunter der Bewerber der anderen Traditionspartei des Landes, des liberalen Partido Colorado (Rote Partei) und Guido Manini Ríos von der neugegründeten Rechtspartei Cabildo Abierto (Offenes Rathaus) hatten sich zusammen mit den Kandidaten zweier Kleinparteien darauf verständigt, den Kandidaten der Blancos zu unterstützen, um die seit 15 Jahren die Regierung stellende Frente Amplio von der Macht zu verdrängen. 

Mit dem Machtverlust der Linken setzte sich in Lateinamerika die Tendenz fort, daß die jeweiligen Regierungsparteien, egal ob links oder rechts, abgewählt werden. Zuvor hatte es in den Nachbarländern politische Wechsel gegeben. In Brasilien erfolgte mit dem Wahlsieg von Bolsonaro eine Verschiebung nach rechts, in Argentinien gab es einen Wechsel nach links, als der rechtsliberale Macri von dem Linkspopulisten Fernández abgelöst wurde.

Bei den gleichzeitig stattfindenden Parlamentswahlen verlor die Frente Amplio ihre absolute Mehrheit und fiel auf 42 der 99 Sitze zurück. Blancos, Colorados und die neue Rechtspartei verfügen dort zusammen über eine absolute Mehrheit. 

Größtes Problem: die Staatsverschuldung

In einer ersten Stellungnahme war sich Lacalle Pou dieser Tatsache durchaus bewußt: „Die Regierung, die kommt, ist nicht von der Nationalpartei, sie ist bunt und wird von der Nationalpartei geleitet“. Er fügte hinzu, „die heutige Botschaft ist ein pluralistischer Wechsel, sie ist nicht der Wechsel zu einer einzigen Partei.“ 

Hauptziel der bisherigen Opposition ist es, die Frente Amplio von der Macht zu verdrängen und dabei interne Reibereien hintanzustellen. Erwähnenswert ist der Überraschungserfolg des Rechtskandidaten Ríos. Er kam im ersten Wahlgang aus dem Stand heraus auf elf Prozent der Stimmen und lag damit nur knapp hinter dem Kandidaten der Colorados.Im Abgeordnetenhaus hat seine Partei künftig elf Sitze, im Senat drei. Sie war im Wahlkampf durch klassische rechte Themen aufgetreten: Mehr öffentliche Sicherheit, Kampf gegen Korruption und den Genderismus, gerechtere und geringere Steuern und gegen eine Förderung der Einwanderung. Erstmals gelang es auch einem Grünen, ins Parlament in Montevideo einzuziehen.

Hauptursachen für die Niederlage der bisherigen Regierung waren die ausufernde Kriminalität sowie eine stark zunehmende Staatsverschuldung. Gerade die Gewaltwelle der vergangenen Jahre löste bei den  Bewohnern des kleinen Landes mit nur etwas mehr als drei Millionen Einwohnern Verunsicherung aus, denn bislang galt Uruguay neben Chile als eines der sichersten Länder des Kontinents. Die unkontrollierte Verteilungspolitik der  Frente Amplio wiederum trieb Uruguay an den Rand des Staatsbankrotts.