© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 50/19 / 06. Dezember 2019

Grüße aus Brüssel
Im Reich der Soros-Jünger
Albrecht Rothacher

Die Brüsseler Zweigstelle der von George Soros finanzierten Open Society Stiftung, liegt an der Rue du Trône am Rande des Europaviertels im Erdgeschoß eines gesichtslosen Bürogebäudes, wo bereits auf der anderen Straßenseite ein Araberviertel beginnt.

 Man hat zu einer Mittagsveranstaltung eingeladen, um eine Broschüre zu den Untaten Putins vorzustellen. Etwa 80 Leute kommen, zumeist Praktikanten, Parlamentsassistenten und Pensionäre. Denn es gibt vegetarische Wraps, Fischsalat, viel Mineralwasser und sparsam Wein. 

Dann schauen viele auf ihr Handy, um sich scheinbar erschreckt eiligst wieder zu verabschieden. Die Praktikantenfütterung ist vorbei. Ein strategischer Fehler: Man sollte Speis und Trank erst am Ende anbieten, damit das Publikum ausharrt. So findet im engen Sitzungssaal doch noch jeder seinen Platz, ich strategisch nahe am Ausgang.

Einer ereifert sich über die reaktionäre orthodoxe Kirche, die vom Kreml hofiert werde.

Als erstes zieht Rebecca Harms, Ex-Grünen Abgeordnete, mit schriller Empörung und in schlechtem Englisch vom Leder. Putin sei ein Kleptokrat, Mörder, Kriegstreiber, Unterdrücker der Menschen- und Frauenrechte und ein Diktator, und dennoch säßen Macron, Merkel & Co. regelmäßig lächelnd und händchenhaltend bei ihm auf dem Sofa. Ein „Schkandal“! 

Dann stellen die Autoren, zumeist gealterte Assistenzprofessoren drittrangiger britischer Hochschulen sowie die üblichen NGO-Agitatoren ihr polemisches Heftchen „Sharing worst practice“  vor. 

Einer ereifert sich über die reaktionäre orthodoxe russische Kirche, die vom Kreml hofiert werde, ein anderer über den Wertekonservatismus des Präsidenten, der Lesben- und Schwulenrechte unterdrücke und damit von Armenien bis Kasachstan auch noch Beifall finde.

 Und alle wollen fremdfinanzierte linksgerichtete Bürgerbewegungen in der Region stärken, die Putin schon längst hinausgeworfen hat. Ein Redner bezeichnet Carl Schmitt, der den Autoritarismus gerechtfertigt haben soll, kurzerhand als „Nazi-Theoretiker“. 

Das Publikum nimmt den Agitprop beifällig auf. Ich habe genug und verabschiede mich diskret. Am Ausgang fällt mein Blick auf einen Broschürenständer, und siehe da, es gibt da auch eine erschütternde Dokumentation zu den zivilen Opfern des US-Drohnenkriegs im Jemen, den Barack Obama befohlen hatte. Soviel Ausgewogenheit mußte also sein.