© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 50/19 / 06. Dezember 2019

„Interregnum des Wahnsinns“
Österreich: Die FPÖ will Strache ausschließen, und die Wiener Freiheitlichen sollen es besiegeln
Curd-Torsten Weick

Das Tischtuch zerschnitten oder nicht? Das Kapitel FPÖ und Heinz-Christian Strache wabert seit Wochen, und die Freiheitlichen verlieren Wahl um Wahl. „Die Zaudermeister“, frotzelt der Standard. Und Gerald Grosz platzte in der TV-Sendung „Fellner Live“ Ende November der Kragen. „Dieses „Interregnum des Wahnsinns, wo sie sich ständig beide pratzeln“, könne nicht so weitergehen, erklärte der Ex-BZÖ-Politiker und Polit-Blogger.

Wenige Tage zuvor, genauer am 23. November, hatte Strache im Rahmen der Kundgebung „Smoke on the Road“ der Plattform „Room 2 Smoke“ auf dem Ballhausplatz in Wien das wiedereingeführte Rauchverbot in der Gastronomie kritisiert. „Wo hört die Reglementierung einer Verbotsgesellschaft auf?“ rief er den Protestlern zu und erntete freudigen Beifall sowie Kopfschütteln bei der FPÖ-Führung. 

Hatte der langjährige FPÖ-Chef nicht noch am 1. Oktober seinen vollständigen Rückzug aus der Politik und dem öffentlichen Leben angekündigt? Dies bedeute nicht nur, daß er seine Parteimitgliedschaft ruhend stelle, sondern daß er mit dem „heutigen Tag jegliche politische Aktivität einstellen“ werde, erklärte der 50jährige den Presseleuten in einem vollbesetzten Weinlokal im Wiener Zentrum. Kurz nach Straches Pressekonferenz wurde dessen FPÖ-Mitgliedschaft noch am selben Tag vom Parteivorstand suspendiert.

Mehr als zwei Monate gingen ins Land. Aber das Thema Strache verlor nicht an Brisanz. Mehr und mehr FPÖ-Spitzenpolitikern ging dies zu weit. Ohne Umschweife forderte der oberösterreichische FPÖ-Vorsitzende Manfred Haimbuchner bereits Ende Oktober einen Ausschluß. Einen Monat später meldete die Presse: „Sieben Landesparteichefs haben bereits öffentlich den Parteiausschluß des einstigen Obmanns gefordert.“

Die FPÖ habe in den Wochen und Monaten nach Bekanntwerden des Ibiza-Videos „alles unternommen“, um Strache „voll zu rehabilitieren“. „Die Unterstützung war vielfältig“, betonte der FPÖ-Fraktionsvorsitzende Herbert Kickl nun am vergangenen Wochenende. Doch nun sei das Ende der Fahnenstange erreicht. Das Kapitel Strache in der FPÖ müsse geschlossen werden. „Leider“, so der ehemalige Innenminister, sei es Strache selbst gewesen, der sich „nicht an geltende Abmachungen gehalten“ habe. 

Trotz des angekündigten Rückzugs aus der Politik habe es immer wieder öffentliche politische Einmischungen Straches gegeben. Spitze des Eisberges von Provokationen, so Kickl weiter, sei es gewesen, daß Heinz-Christian Strache im „vollen Wissen um das Belastungsmaterial“ („Falsche Belege zur Finanzierung privater Ausgaben“) ausgerechnet am Tag der steirischen Landtagswahl öffentlich angekündigt habe, an die Spitze der Partei zurückkehren zu wollen.  

Am Dienstag wurde Strache vor das Schiedsgericht der Wiener FPÖ zitiert, das über den Ausschluß entscheidet.