© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 50/19 / 06. Dezember 2019

Dringend fällige „Zäsur“
Videos auf Abruf: Die ARD will ihre Mediathek zu einem Streamingangebot ausbauen / Der Markt nimmt an Fahrt auf
Gil Barkei

Mitte November teilten ARD und ZDF mit, ihre Mediatheken miteinander zu vernetzen. Nun gab die ARD bekannt, ihre Mediathek zu einem Streamingdienst auszubauen. Dafür solle es in der ARD-Programmdirektion künftig auch eine Programmplanung für die Mediathek geben. Dies sei ein „großer Schritt“ und eine „Zäsur“, aber „dringend fällig“ angesichts der „Umbruchsituation in der digitalen Welt, die die Medienangebote und die Mediennutzung komplett verändern“, erklärte Programmdirektor Volker Herres. Geplant seien auch exklusive Serienproduktionen. Verantwortlich für die öffentlich-rechtliche Netflixkopie ist der frühere „funk“-Chef Florian Hager. 

Der Abruf-Videomarkt nimmt damit erneut Tempo auf. Erst kürzlich hatte ProSiebenSat.1 angekündigt, seine Streamingplattform Joyn auszubauen, und das kostenpflichtige Zusatzangebot Joyn Plus+ für 7 Euro monatlich gestartet. Teil der Premiumvariante sind mehr Serien und 50 Sender in HD, zu denen dann unter anderem auch 3sat, ServusTV oder Bloomberg gehören. Für 2020 sind zudem zwölf Eigenproduktionen geplant. Bereits Ende November hatte Joyn die Youtuber „Slavik Junge“ (JF 41/19) und „Rewinside“ mit eigenen Formaten unter Vertrag genommen.

Auch Netflix bindet ab kommendem Jahr einen Youtuber in sein Programm ein; allerdings einen alten Hasen des Fernsehgeschäfts: Frank Elstner. Der 77jährige hatte mit seinem Sohn die Vis-à-vis-Talksendung „Wetten, das war’s?“ auf Youtube gestartet und schon bekannte Persönlichkeiten wie Helene Fischer und Herbert Grönemeyer als Gäste gewinnen können. Ein für das bisherie Film- und Fernsehgeschäft ebenfalls ungewöhnlicher Coup gelang Netflix mit „The Irishman“. Da niemand sonst den Thriller von Regisseur Martin Scorsese über den Auftragskiller der italienisch-amerikanischen Mafia, Frank Sheeran, finanzieren wollte, läuft der starbesetzte Streifen nun nicht nur im Kino, sondern ist seit kurz nach der Premiere auch auf der Streamingplattform abrufbar.