© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 51/19 / 13. Dezember 2019

Intifada der Zornigen
Terror und Gewalt: Was hat eine pazifizierte Gesellschaft noch entgegenzusetzen?
Laila Mirzo

Lauf ich weg oder kämpfe ich? Viele von uns stellen sich diese Frage, denn die dschihadistischen Attentate sind zu einer realen Gefahr geworden. Es passiert nicht nur in Paris oder London, der Terror schlägt an Bahnsteigen und am Weihnachtsmarkt zu. Drei Jahre sind nun seit dem Lkw-Attentat am Berliner Breitscheidplatz vergangen – die Kerzen brennen, der Schmerz auch. Aber Deutschland ist bunt, und wer das nicht mitträgt, der ist braun.

Also müssen Universitätsprofessoren, Kabarettisten, Filmförderungschefs oder gar Verfassungsschutzpräsidenten ihren Hut nehmen, wenn sie nicht mit dem Strom der Neo-Moralisten schwimmen. Der kleine Mann schaut zu und lernt seinen Mund zu halten. 

Die herrschende politische Stimmung ist das Resultat einer jahrzehntelangen Atmosphäre des Mißtrauens. Europa hatte nach dem Weltenbrand des Nationalsozialismus Angst vor Deutschland, Zurückhaltung war das Gebot der Stunde, jetzt aber hat Deutschland Angst vor sich selbst. 

Staat und Bürger wurden nicht müde, sich wechselseitig die Zähne zu ziehen. Das Volk hatte Angst vor einem zu starken Staat, der sich wieder in eine menschenverachtende Diktatur verwandeln könnte, und der Staat hatte Angst, daß sich seine Bürger wiederbetätigen könnten. Nun haben wir pazifizierte Bürger und einen machtlosen Staat. Gleichzeitig haben wir eine historische Zuwanderung an Menschen, die von Krieg und religiösem Weltbild geprägt, dieses Machtvakuum füllen. 

Als Ende November der verurteilte Terrorist Usman Khan (28) in der Nähe der London Bridge mit einer Bombenattrappe am Körper zwei Menschen erstach, wurde er von „Passanten“ in Schach gehalten, bis die Polizei die Kontrolle über die Situation gewinnen konnte und letztendlich den Angreifer neutralisierte. Eine Gruppe Männer fiel dabei besonders auf, einer hatte sich dem Terroristen mit einem Stoßzahn eines Narwales gestellt, ein anderer mit einem Feuerlöscher. Diese Männer waren zuvor zusammen mit Khan bei einem Kongreß für Resozialisierung, sie sind Ex-Häftlinge. Hat ihr sozialer Hintergrund etwa den Ausschlag für ihr mutiges Handeln gegeben? Sie haben instinktiv reagiert und haben sich der Gefahr gestellt, denn im Gefängnis stirbst du, wenn du zögerst. 

Diese Instinkte sind uns systematisch aberzogen worden, geblieben ist eine weichgespülte Gesellschaft. Die eigene Wehrhaftigkeit wird sogar bestraft: Wenn ich einem Einbrecher die Bratpfanne auf den Schädel haue, muß ich mich wegen Körperverletzung verantworten. Was haben wir also als Gesellschaft noch entgegenzusetzen? Haltung? Werden wir geschlagen, halten wir auch die andere Backe hin. 

Laute Gespräche empfinden wir bereits als aggressiv. Wenn Jungs auf dem Schulhof miteinander rangeln, werden Psychologen und Mediatoren herangezogen, eine gesunde Männlichkeit wird als Bedrohung empfunden.

Uns muß aber klar sein, daß die Feinde einer freien Gesellschaft diese Haltung als Schwäche auslegen. Viele Migranten kommen aus diktatorischen Ländern, in denen weder Menschenrechte noch die Menschenwürde respektiert wird. Polizei und Justiz handeln meist willkürlich, die Amtssprache heißt „Gewalt“. Die Familien sind meist patriarchalisch geführt, draußen gilt das Recht des Stärkeren. Hinzu kommt eine gewaltaffine Religion.

Der Koran ist reich an Versen, die Gewalt gegen Andersgläubige und Minderheiten propagieren. Allah verzeiht eben erst, nachdem er bestraft hat. All diese Aspekte schlagen sich in der polizeilichen Kriminalstatistik nieder. 2018 waren in der Rubrik „Mord, Totschlag und Tötung auf Verlangen“ 43 Prozent der Tatverdächtigen nichtdeutscher Herkunft. Ähnlich verhält es sich bei Sexualdelikten oder gefährlicher Körperverletzung, hier sind es gut 38 Prozent, obwohl der Bevölkerungsanteil der Nichtdeutschen insgesamt bei 11,5 Prozent liegt.

Geht die Gewalt von Migranten aus, erleben wir oft eine verzerrte öffentliche Wahrnehmung. Statt die strukturelle Gewalt offen anzusprechen, ist von Einzelfällen die Rede. Flucht und Trauma werden entschuldigend vorgeschoben, schließlich sind Migranten per se „Opfer“. Opfer unserer Waffenlieferungen und politischen Einmischungen, Opfer der traditionellen Ausbeutung durch den Westen, Opfer unserer rassistischen Vorurteile. 

Kommt ein Deutscher ohne Migrationshintergrund durch einen „Vorfall“ zu Tode, ist das eine Verkettung politisch-historischer Hintergründe. So muß es wohl auch beim Einzelfall in Augsburg gewesen sein, als ein Feuerwehrmann von einem türkisch-libanesisch-stämmigen 17jährigen erschlagen worden ist. Der Angreifer war Teil einer siebenköpfigen Gruppe, laut Polizei sollen sie sich „auffällig“ verhalten haben, der 49jährige soll sie ermahnt haben, jetzt ist er tot und Deutschland hat am Nikolaustag seine Lektion gelernt: Zivilcourage hat einen hohen Preis.

Und, anstatt das Problem zu benennen, nämlich eine kritische Masse gewaltbereiter junger Männer, halten Gut-Bürger Plakate mit der Aufschrift „Gedenken statt Vereinnahmen“ hoch, damit auch ja niemand vergißt, daß die größte Gefahr von rechts droht. Dabei warnt der Völkermordforscher Gunnar Heinsohn schon seit Jahren: „Wo es zu viele junge Männer gibt, wird getötet“. Es steht also nicht gut um Europa. Wir stehen an der Schwelle zu einer religiösen und kulturellen „Intifada“, einem Aufstand der Zornigen, und die Gewalt wird an jede Tür klopfen.






Laila Mirzo wurde 1978 in Damaskus geboren und lebt heute in Österreich, wo sie als Schriftstellerin und Trainerin für interkulturelle Kompetenz tätig ist.