© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 51/19 / 13. Dezember 2019

Es gibt nur eine Vielfalt!
Berlin: Das geplante Antidiskriminierungsgesetz droht den öffentlichen Dienst von Grund auf zu verändern
Björn Harms

In der Bundeshauptstadt sorgt seit Wochen ein geplantes Gesetz für Schlagzeilen, das unter dem sperrigen Titel Landesantidiskriminierungsgesetz (LADG) firmiert. Maßgeblich vorangetrieben vom Berliner Justizminister Dirk Behrendt (Grüne), schlagen vor allem Polizeigewerkschaften Alarm. 

Grund ist eine darin enthaltene Beweislastumkehr für Beamte des öffentlichen Dienstes. Wenn ein Bürger künftig einen Polizisten beschuldigt, ihn diskriminiert zu haben, ist dieser gezwungen, Beweise für seine Unschuld zu liefern.

Doch auch an anderen Stellen, über die medial bislang kaum berichtet wurde, droht Ungemach. Denn das Gesetz zielt darauf ab, den ideologisch motivierten Umbau des gesamten öffentlichen Dienstes in der Hauptstadt weiter voranzutreiben – und wird damit bundesweit zur Blaupause für andere rot-rot-grüne Regierungen. 

Zunächst das Wesentliche: Kein Mensch dürfe aufgrund „des Geschlechts, der ethnischen Herkunft, einer rassistischen Zuschreibung, der Religion und Weltanschauung, einer Behinderung, einer chronischen Erkrankung, des Lebensalters, der Sprache, der sexuellen und geschlechtlichen Identität sowie des sozialen Status diskriminiert werden“, heißt es in Paragraph 2 des Gesetzestextes. 

Die Verordnung soll für die Berliner Verwaltung, alle öffentlichen Körperschaften und Stiftungen, den Rechnungshof, Gerichte, die Staatsanwaltschaft, die Polizei sowie das Abgeordnetenhaus gelten. „Ich halte das Gesetz für überflüssig“, kritisiert Marc Vallendar, der für die Berliner AfD im Justizausschuß des Abgeordnetenhauses sitzt, gegenüber der JUNGEN FREIHEIT. „Anders als im Gesetzentwurf behauptet, besteht nach derzeitiger Rechtslage keine Rechtsschutzlücke, welche geschlossen werden müßte.“

Schon eine angebliche Belästigung – keine sexuelle, sondern eine körperliche oder verbale – gilt laut Paragraph 4(3) des LADG als diskriminierend. „Werden Tatsachen glaubhaft gemacht, obliegt es der öffentlichen Stelle, den Verstoß zu widerlegen“, heißt es im Text. „Die Drogendealer aus dem Görlitzer Park werden mit staatlicher Unterstützung diesen neuen Geschäftszweig nutzen, um ‘Schadensersatz wegen Diskriminierung’ einzufordern, und die Polizistinnen und Polizisten werden demnächst noch weniger zu sehen sein, die sitzen in ihren Dienststellen und schreiben sich die Finger wund, um zu beweisen, daß sie nicht diskriminiert haben“, echauffiert sich Rainer Wendt, Vorsitzender der Deutschen Polizeigewerkschaft.

„Diversity“ wird in den Behörden zur Pflicht

Der Gesamtpersonalrat der Berliner Polizei befürchtet ähnliches: „Betrachtet man die Diskussionen um das sogenannte ‘Racial Profiling’ aus den letzten Jahren, schafft man mit diesem Gesetz eine Grundlage für Massenklagen.“

Auch wer zuschaut, macht sich mitschuldig. Jeder Behördenmitarbeiter  oder Streifenpolizist in der Hauptstadt sollte ein Auge auf seinen Nebenmann werfen, denn „das Unterlassen diskriminierungsbeendender Maßnahmen kann eine Diskriminierung sein“. Zugleich kann eine Ungleichbehandlung durch die Berliner Verwaltung „gerechtfertigt“ sein, wenn „bestehende Nachteile strukturell benachteiligter Personen verhindert oder ausgeglichen werden sollen“.

Entscheidend ist die weltanschauliche Grundlage des Gesetzes. Die Autoren schreiben bewußt von „strategischen Zielen“: Als oberstes „Leitprinzip für das Verwaltungshandeln“ wird im LADG die Förderung „einer Kultur der Vielfalt“ verankert. Das komplette Gesetz greift damit tief ins Alltagsgeschehen der Behörden ein. Die innerhalb der Berliner Bevölkerung herrschende Vielfalt solle sich auch „innerhalb der Verwaltung widerspigeln“, heißt es in einer Textanmerkung. Notwendig dafür seien „zugeschnittene Formen der Personalgewinnung“ sowie „eine engere Zusammenarbeit mit Interessenvertretungen für diese Zielgruppen“. 

Um die Ergebnisse zu überprüfen, will der Senat zumindest für die eigene Verwaltung eine gewiefte Kontrollfunktion einbauen. Denn die „Berücksichtigung von Diversity/Vielfalt“ soll künftig in die „Leistungsbeurteilungen von Führungskräften einfließen“. Gibt es also nicht genügend Minderheiten in der eigenen Abteilung, kann die Beförderung schnell in weite Ferne rücken. „Im Prinzip ist das der Versuch, die Beamtenschaft zur richtigen links-grünen Gesinnung zu erziehen“, beklagt AfD-Politiker Vallendar.

Auch die Privatwirtschaft will man gezielt unter Druck setzen. Überall dort, wo das Land Berlin Beteiligungen hält, soll „insbesondere darauf hingewirkt werden, daß diese Firmen „Maßnahmen zur Förderung einer Kultur der Wertschätzung von Vielfalt ergreifen“.

Wieviel Geld das gesamte Projekt verschlingen wird, liegt bislang im dunkeln: „Das Gesetz kann finanzielle Auswirkungen auf den Landeshaushalt haben“, geben die Autoren zu. Für die Entschädigungen bei einer festgestellten Diskriminierung schätzt der Senat den möglichen Strafrahmen auf 300 bis 1.000 Euro, eventuell auch höher. Hinzu kommen Kosten für die neue Ombudsstelle, an die sich die von Diskriminierung Betroffenen wenden sollen und der die Berliner Verwaltung zwingend auskunftspflichtig ist.

An anderer Stelle gleicht das Gesetz ebenfalls einer großangelegten Arbeitsbeschaffungsmaßnahme: Laut Paragraph 9 können künftig auch Verbände und Vereine stellvertretend für einzelne Bürger klagen. Doch „anders als im Tier- oder Umweltschutz, wo das Argument vorgebracht wird, daß Tiere und die Umwelt nicht im eigenen Namen ihre Rechte gelten machen können, gilt dies für Menschen, welche diskriminiert werden, nicht“, erklärt Marc Vallendar. Einen sachlichen Grund für die Einführung dieses Passus sehe er nicht. Wann und ob das Gesetz im nächsten Jahr wie geplant in Kraft tritt, steht derzeit noch nicht fest. Noch wurde es durch den Justizausschuß nicht ins Plenum zurückverwiesen.