© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 51/19 / 13. Dezember 2019

Die Passion eines Verlegers
Axel Springer und die deutsche Einheit
Martina Meckelein

Zugegeben, der Autor selbst ist ein Springergewächs: Kai-Axel Aanderud volontierte in der Axel-Springer-Journalistenschule von 1986 bis 1988. Und nun legt der Historiker ein Buch über den legendären Verleger Axel Cäsar Springer vor. Kann das gutgehen?

Zwei politische Themen prägten Springers Leben: die Wiedervereinigung und die Aussöhnung mit Israel. Aanderud widmet sich ersterem. Quellen sind ihm unter anderem das Unternehmensarchiv, Springers Selbstzeugnisse, häufig zitiert er den 2017 verstorbenen Historiker und Springer-Biographen Hans-Peter Schwarz. Spannend wird das Buch, wenn der Autor über die Abläufe im Verlag berichtet, über Springers Hoffnung auf die Wiedervereinigung Deutschlands und seinen „mit fast religiösem Eifer“ ausgefochtenen Streit mit Moskau und seine Entzweiung mit Willy Brandt wegen dessen Ostpolitik.

Der Aufbau und Ausbau des Verlages spiegelt die Historie der Bundesrepublik Deutschland. Die „Zitterprämie“ soll Berliner nicht nur zum Bleiben ermuntern, die Steuererleichterungen sollen Berlin für Auswärtige attraktiv machen. Springer zieht von Hamburg in den Osten. Interessant, wenn Egon Bahr sich erinnert, daß Springer von der Stadt Berlin Sonderkonditionen bekam. Eine Million Mark zahlte der Verleger 1957 für 12.500 Quadratmeter an der Kochstraße und baute ein Bollwerk, das weit im Osten zu sehen war. 

Spannend sind die Auseinandersetzungen zwischen Springer, Augstein und Bucerius zu lesen: Sollen doch die beiden Spiegel- und Zeit-Chefs den linksradikalen Studentenmob im Kampf gegen den großen Wettbewerber instrumentalisiert und mit viel Geld die Anti-Springer-Kampagne unterstützt haben. Als am 19. Mai 1972 zwei von fünf Bomben explodieren, werden 36 Mitarbeiter zum Teil schwer verletzt. Die Täter: die linksterroristische RAF. Hier ist der Autor leider ungenau, schreibt von 23 Verletzten und sechs Bomben. 

Als die Mauer fällt, ist Axel Springer schon vier Jahre tot. SPD-Vordenker Peter Glotz sagt in der Berlin-Bonn-Debatte im Bundestag 1991: „Ich bin bereit einzuräumen, daß Springers Hoffnung größer war als das, was ich für meinen Realismus gehalten habe.“

Kai-Axel Aanderud: Axel Springer und die Deutsche Einheit. Mittler-Verlag, Hamburg 2019, broschiert, 439 Seiten, Abbildungen, 24,95 Euro