© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 52/19 / 20. Dezember 2019

Thor Freudenthal. Der deutsche US-Regisseur beschert uns politisch korrekte Fantasy
Feen gegen rechts
Boris T. Kaiser

Als „unseren Mann in Hollywood“ tituliert der Nachrichtensender n-tv den deutschen Regisseur und Drehbuchautor, den hierzulande kaum einer kennt. Dabei hat der 1972 in Berlin geborene und aufgewachsene Thor Freudenthal in der amerikanischen Traumfabrik schon beachtliche Erfolge vorzuweisen. Zuletzt wurde er gar für die Inszenierung der Pilotfolge der neuen Amazon-Prime-Serie „Carnival Row“ ausgewählt.

Begonnen hat alles, als er als Austauschstudent der Universität der Künste Berlin und der HFF Potsdam-Babelsberg an das einst von Walt Disney gegründete California Institute of the Arts in Los Angeles kam. Bald schon arbeitete er an großen Produktionen der Sony-Pictures-Spezialeffekteschmiede Imageworks mit, wie den „Stuart Little“-Filmen (1999/2002). 2003 wechselte er zu Disney und schließlich zu Steven Spielbergs  DreamWorks Pictures, wo er bei mehreren Filmen Regie führte. Darunter das Fantasy-Spektakel „Percy Jackson – Im Bann des Zyklopen“, mit dem Freudenthal im Sommer 2013 auf Platz zwei der US-Kinohitparade vorstieß. 

In den letzten Jahren konzentriert sich der stets etwas verträumt dreinblickende Dreitagebartträger auf das florierende Seriengeschäft, was ihn stärker in den Fokus der Öffentlichkeit seines Vaterlandes rückt. Nach Regiearbeiten für die auf ProSieben laufenden Serien „Flash“, „Supergirl“, „Legends of Tomorrow“ sowie „Quantico“ des US-Giganten ABC, „Arrow“ (RTL) und „The Expense“ (Netflix) hat er nun mehrere Episoden der nagelneuen Amazon-Prime-Reihe „Carnival Row“ gedreht, wo er den zuerst vorgesehenen Regie-Star Guillermo del Toro ersetzt.

Hier kann der Deutsche die geistige Prägung seiner alten Heimat voll ausleben. Denn in der Fantasy-Serie werden alle Register der politischen Korrektheit gezogen: Das linke Feindbild des bösen Westens, der dem unverdorbenen Orient seine imperialistischen Kriege aufzwingt, wird hier, in einer sichtlich vom viktorianischen Zeitalter inspirierten Szenerie, auf die angelsächsisch anmutende Republik Burgue übertragen, die in einem überseeischen Feenreich einen erfolglosen Feldzug gegen den an die Mittelmächte des Ersten Weltkriegs erinnernden „Pakt“ führt. Folge: Feen, Trolle, Faune und allerlei andere Kreaturen flüchten daraufhin vor dem obsiegenden „Pakt“ aus dem Feenreich nach Burgue. Prompt droht der Republik eine angesichts der Flüchtlingswelle aufstrebende rechtspopulistische Partei zum Verhängnis zu werden, die von aufrechten Demokraten im Parlament tapfer bekämpft wird.

Sollte es für Thor Freudenthal in Hollywood irgendwann nicht mehr so gut laufen, könnte er also problemlos den Til Schweiger machen und als Filmemacher nach Deutschland zurückkehren. Mit „Carnival Row“ hätte er auf jeden Fall eine vorzeigbare Referenz, die ihm Tür und Tor beim öffentlich-rechtlichen Erziehungsfernsehen öffnen würde.