© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 52/19 / 20. Dezember 2019

Davon ging die Welt nicht unter
Chronik des Jahres 2019: Erhitzt sich die Erde oder erhitzen sich nur die Gemüter darüber? Der Wandel des einen oder anderen Klimas war ein Thema in den vergangenen zwölf Monaten – und bleibt es wohl

Januar

7. Januar: Der Bremer Bundestagsabgeordnete Frank Mag-nitz (AfD) wird in der Hansestadt von einem Unbekannten niedergeschlagen. Das Bundes-kriminalamt schreibt den Angriff Ende Juli der linken Szene zu. Die Staatsanwaltschaft Bremen stellt im August die Ermittlungen ein, weil kein Tatverdächtiger gefunden wurde.

12. Januar: In Frankreich gehen die Proteste der Gelbwesten weiter. Über 80.000 Menschen gehen auf die Straße, um gegen die Politik Emmanuel Macrons zu protestieren.

14. Januar: Im Petitionsausschuß des Bundestags wird eine Petition mit über 108.000 Unterzeichnern gegen den Beitritt zum Migrationspakt besprochen. Der Staatsminister im Auswärtigen Amt, Niels Annen (SPD), erklärt, der Migrationspakt sei rechtlich nicht bindend und schränke „weder nationale noch sonstige Rechte“ ein.

15. Januar: Der Präsident des Verfassungsschutzes, Thomas Haldenwang, verkündet auf einer Pressekonferenz, die AfD werde als „Prüffall“ behandelt. Die Junge Alternative und der Flügel würden außerdem als „Verdachtsfall“ eingestuft. 

22. Januar: Die Technische Universität Dresden verweigert dem Politikwissenschaftler Werner J. Patzelt die Seniorprofessur. Ihm wird vorgeworfen, Politik und Wissenschaft vermischt zu haben und so dem Ruf der Universität geschadet zu haben. 

23. Januar: Das Oberlandesgericht Graz bestätigt den Freispruch von 17 Mitgliedern der Identitären Bewegung Österreich (IBÖ) vom Vorwurf der Bildung einer kriminellen Vereinigung. 





Februar

1. Februar: US-Präsident Donald Trump kündigt den INF-Vertrag mit Rußland auf. Moskau zieht einen Tag später nach. Der INF-Vertrag verbietet Besitz und Produktion von Mittelstreckenraketen mit Reichweiten zwischen 500 und 5.500 Kilometern.

17. Februar: Die Internetseite „netzpolitik.org“ veröffentlicht ein „Framing Manual“ der ARD. Kritiker sehen in den Sprachgebrauchsempfehlungen eine manipulative Absicht.

24. Februar: Der Staats- und Verfassungsrechtler sowie Rechtsphilosoph Ernst-Wolfgang Böckenförde stirbt im Alter von 89 Jahren.

26. Februar: Das Kölner Verwaltungsgericht gibt einem Eilantrag der AfD statt: Das Bundesamt für Verfassungsschutz  darf die AfD nicht öffentlich als „Prüffall“ bezeichnen. Die Bezeichnung greife in die grundgesetzlich geschützten Rechte der Partei ein.





März

1. März: „Fridays for Future“:  Mehrere tausend Schüler demonstrieren für den Klimaschutz in Hamburg. Die Ikone der Bewegung, die schwedische Schülerin Greta Thunberg, ist mit dabei. 

11. März: Mehr als drei Jahre nach der Kölner Silvesternacht hat das Kölner Amtsgericht nur drei Personen – einen Iraker, einen Algerier und einen Libyer – wegen sexuellen Übergriffen verurteilt, zwei von ihnen zu einer Bewährungsstrafe. Mehr als 1.300 Anzeigen waren zuvor eingegangen, Hunderte Frauen hatten angegeben, belästigt, bedrängt, begrapscht worden zu sein. 

15. März: Der aus Australien stammende Brenton Tarrant verübt einen Terroranschlag auf zwei Moscheen im neuseeländischen Christchurch. Er erschießt 51 Menschen und verletzt 50 weitere. In seinem Manifest bezeichnet er sich als „Ethnonationalist“ und „Ökofaschist“. 

17. März: Nach 119 Tagen in venezolanischer Haft ist der deutsche Journalist Billy Six auf dem Weg zurück nach Deutschland. Six wirft der Bundesregierung vor, sich nicht für seine Freilassung eingesetzt zu haben. 

26. März: Das EU-Parlament beschließt die Urheberrechtsreform. Dagegen hatten zuvor Zehntausende europaweit demonstriert. Kritiker befürchten eine Zensur im Internet durch sogenannte Uploadfilter. 





April

5. April: Markus Plenk, ehemaliger Fraktionsvorsitzender der AfD im Bayrischen Landtag, legt sein Amt nieder und tritt aus der Partei aus. Er wolle nicht die „bürgerliche Fassade einer im Kern fremdenfeindlichen und extremistischen Partei“ sein. 

15. April: Der Dachstuhl der Kathedrale Notre-Dame de Paris steht in Flammen. Der Spitzturm bricht zusammen und ins Innere des Gotteshauses und Wahrzeichens der französischen Hauptstadt. Ein halbes Jahr nach der Katastrophe sind für die Renovierung schon fast eine Milliarde Euro an Spenden zusammengekommen. 

21. April: In Sri Lanka verüben Islamisten am Ostersonntag sechs Bombenanschläge auf christliche Kirchen und Hotels. Der Islamische Staat bekennt sich zu dem Anschlag. 259 Personen werden getötet, über 485 Personen verletzt. 

21. April: In der Ukraine wird Wolodymyr Selenskyj zum neuen Präsidenten gewählt. Der Unternehmer und Fernsehkomiker setzt sich gegen den bishergen Amtsinhaber Petro Poroschenko durch. 

28. April: Parlamentswahlen in Spanien. Die junge rechtsnationale Partei Vox zieht erstmals ins Parlament ein. 





Mai

17. Mai: Süddeutsche Zeitung und Spiegel Online veröffentlichen ein Video, das eine Staatsaffäre in Österreich auslöst. In dem 2017 auf Ibiza gedrehten Video sind der Vizekanzler Heinz-Christian Strache (FPÖ) und der Nationalratsabgeordnete Johann Gudenus (FPÖ) zu sehen, die mit einer vermeintlichen Nichte eines russischen Oligarchen über mögliche Austauschgeschäfte und Investitionen in Österreich reden. Am folgenden Tag treten Strache und Gudenus zurück. Die schwarz-blaue Koalition aus ÖVP und FPÖ zerbricht, als Kanzler Sebastian Kurz auch den Rücktritt von Innenminister Herbert Kickl (FPÖ) verlangt. Am 27. Mai stürzt Kurz durch ein Mißtrauensvotum im Nationalrat. Seine Nahfolgerin wird die ehemalige Präsidentin des Verfassungsgerichtshofs, Brigitte Bierlein.

28. Mai: Wahlen zum EU-Parlament: Die Union verliert 6,4 Prozentpunkte, bleibt aber mit 28,9 Prozent stärkste Partei. Der Stimmenanteil der SPD bricht um 11,5 Punkte auf 15,8 Prozent ein. Die Grünen legen um 9,8 Punkte auf 20,5 Prozent zu. Die AfD steigert sich im Vergleich zu 2014 um 3,9 auf 11 Prozent. Die FDP kommt auf 5,4 (plus 2). In Italien holt die Lega 28,7 Prozent und ist damit stärkste Kraft, in Frankreich ist es der Rassemblement National mit 23,7 Prozent, in Ungarn die Fidesz mit 51,1 und die PiS in Polen mit 42,4 Prozent. Die österreichische FPÖ rutscht auf 17,2 Prozent ab. Die christdemokratische EVP ist mit 182 Sitzen die größte Fraktion im europäischen Parlament. Gefolgt von der sozialdemokratischen S&D mit 154 Sitzen und der liberalen RE mit 108 Sitzen. Die Grüne Fraktion EFA hat 74 Sitze. Die rechte ID hat 73 Sitze.





Juni

2. Juni: Der Kasseler Regierungspräsident Walter Lübcke wird von einem mutmaßlichen Rechtsextremisten erschossen. Der Tatverdächtige Stephan Ernst legt am 25. Juni ein Geständnis ab und gibt an, Lübcke aufgrund seiner Aussagen in der Flüchtlingskrise 2015 erschossen zu haben. Am 2. Juli widerruft er das Geständnis.

2. Juni: Andrea Nahles gibt nach einem Jahr den Fraktions- und Parteivorsitz der SPD auf. 

7. Juni: Theresa May tritt in London als Vorsitzende der britischen Conservative Party (Tories) zurück. Als Premierministerin tritt sie am 24. Juli zurück, nachdem Boris Johnson am Tag zuvor zum Tory-Parteiführer gewählt wurde.

16. Juni: Im sächsischen Görlitz wird Octavian Ursu (CDU) im zweiten Wahlgang zum Oberbürgermeister gewählt. Im ersten Wahlgang am 26. Mai hatte Sebastian Wippel von der AfD mit 36,4 Prozent der Stimmen gewonnen. Linke und Grüne traten zum zweiten Wahlgang nicht mehr an und riefen dazu auf, den CDU-Kandidaten zu wählen, um Wippel zu verhindern.

22. Juni: Carola Rackete legt mit der „Sea-Watch 3“ und 53 aus Libyen kommenden Migranten trotz Verbots italienischer Behörden im Hafen von Lampedusa an. Rackete wird unter Hausarrest gestellt. Die Kapitänin sieht ihren Rechtsbruch moralisch gerechtfertigt. 





Juli

16. Juli: Ursula von der Leyen  (CDU) wird neue Präsidentin der EU-Kommission in Brüssel.  Einen Tag später folgt ihr die CDU-Vorsitzende Annegret Kramp-Karrenbauer im Amt der Bundesverteidigungsministerin. 

20. Juli: 75. Jahrestag des Attentats auf Adolf Hitler vom 20. Juli 1944 durch Claus Schenk Graf von Stauffenberg.

20. Juli: Ein in Deutschland geborener Serbe schubst in Voerde in Nordrhein-Westfalen eine Frau vor einen einfahrenden Zug. Das 34jährige Opfer stirbt. 

29. Juli: Ein 40jähriger Eritreer schubst in Frankfurt am Main einen acht Jahre alten Jungen und seine Mutter vor einen einfahrenden Zug. Die Mutter kann sich retten, der Junge stirbt. Dem Täter wurde 2008 in der Schweiz Asyl gewährt. Nach Angaben der dortigen Behörden galt er als gut integriert. Laut der Staatsanwaltschaft leidet der Mann an paranoider Schizophrenie und wird in eine Psychiatrie eingewiesen.





August

9. August: Italiens Innenminister Matteo Salvini löst die Regierungskoalition seiner Lega mit der linken Fünf-Sterne-Bewegung auf. Sein Ziel – vorgezogene Neuwahlen – erreicht er nicht.   

21. August: Der Bundestag beschließt die teilweise Abschaffung des Solidaritätszuschlags.   AfD und FDP fordern, den Soli komplett abzuschaffen. 

22. August: Das Landgericht Chemnitz verurteilt im Fall der tödlichen Messerattacke von Chemnitz den Syrer Alaa S. zu neuneinhalb Jahren Gefängnis.

23. August: In Berlin wird ein Georgier, der in Tschetschenien auf der Seite der Separatisten gekämpft haben soll, am hellichten Tag erschossen. Jugendliche verfolgen den Täter, der von der Polizei festgenommen werden kann. Die Bundesanwaltschaft verdächtigt russische oder tschetschenische staatliche Stellen, den Mord in Auftrag gegeben zu haben. Berlin weist später wegen des Vorwurfs, Moskau trage nicht zur Aufklärung der Tat bei, zwei russische Diplomaten aus. Als Reaktion erklärt der Kreml zwei deutsche Botschaftsangehörige zu unerwünschten Personen.

28. August: Das Bundesschiedsgericht der AfD schließt die ehemalige Landesvorsitzende Schleswig-Holsteins Doris von Sayn-Wittgenstein wegen „parteischädigenden Verhaltens“ aus der AfD aus.





September

17. September Bei den Landtagswahlen in Sachsen kommt die AfD auf 27,5 Prozent und ist damit zweitstärkste Kraft. Die AfD hat 17,7 Prozentpunkte im Vergleich zur Vorwahl zugelegt. Stärkste Kraft ist die CDU mit 32,1 Prozent (minus 7,3 Punkte). Die Grünen steigern sich um 2,9 auf 8,6 Prozent. Die Linke büßt 8,5 Prozentpunkte ein und landet bei 10,4. Die SPD bekommt 4,6 Prozentpunkte weniger und erreichte 7,7 Prozent. Die FDP verpaßt mit 4,5 Prozent den Einzug in den Landtag. Auch in Brandenburg wird die AfD (mit 23,5 Prozent) zweitstärkste Kraft – nach der SPD mit 26,2 Prozent (minus 5,7). Die Grünen kommen auf 10,8 Prozent (plus 4,6). Die CDU erhält 15,6 Prozent (minus 7,4), die Linke 10,7 Prozent (minus 7,9). Die Freien Wähler (5 Prozent) bekommen fünf Sitze im Landtag.

5. September In Rom nimmt die neue italienische Regierung von Fünf-Sterne-Bewegung und Partito Democratico die Arbeit auf.

14. September Norbert Hofer wird zum neuen Vorsitzenden der FPÖ gewählt. 

21. September UN-Klimagipfel in New York: Greta Thunberg, die medienwirksam in die USA segelte, hält eine Rede, in der sie Politiker und die ältere Generation anklagt: „Wie könnt ihr es wagen? Ihr habt meine Jugend gestohlen.“ 

26. September Frankreichs früherer Präsident Jacques Chirac stirbt im Alter von 86 Jahren.

29. September Nationalratswahlen in Österreich: Sebastian Kurz erreicht mit seiner ÖVP 37,46 Prozent. Sein Ex-Koalitionspartner FPÖ erreicht nur noch 16,17 Prozent. Die SPÖ 21,18, die Grünen ziehen mit 13,9 Prozent wieder ins Parlament ein. 





Oktober

9. Oktober: Der mutmaßliche Rechtsextremist Stephan Balliet versucht am höchsten jüdischen Feiertag, Jom Kippur, in Halle an der Saale in die Synagoge einzudringen, um dort ein Massaker anzurichten. Als er an der Synagogentür scheitert,  erschießt er wahllos zwei Passanten. In einem im Internet veröffentlichten Bekennerschreiben offenbart Balliet antisemitische Motive.

9. Oktober: Beginn der türkischen Militäroffensive im Norden Syriens gegen Stellungen der Kurden.

12. Oktober: Der Landesbischof  der sächsischen Landeskirche, Carsten Rentzing, tritt zurück. Gegner aus den eigenen Reihen hatten ihm eine Nähe zur „Neuen Rechten“ vorgeworfen

13. Oktober: Bei den Parlamentswahlen in Polen erreicht die nationalkonservative Regierungspartei PiS mit 43,6 Prozent den höchsten Stimmenanteil.

27. Oktober: Auch bei der Landtagswahl in Thüringen wird die AfD zweitstärkste Kraft (23,4 Prozent). Die Linke von Ministerpräsident Bodo Ramelow erhält 31 Prozent. Die CDU verliert 11,8 Prozentpunkte und erzielt 21,7 Prozent. Die SPD sinkt von vormals 12,6 auf 8,2 Prozent. Die Grünen bekommen 5,2 Prozent der Stimmen, die FDP schafft mit 5 Prozent knapp den Einzug in den Landtag.





November

1. November: Im Alter von 86 Jahren stirbt der Publizist und Philosoph Günter Zehm in Bonn. Der frühere stellvertretende Chefredakteur der Welt schrieb bis zu seinem Tod die Kolumne „Pankraz“ in der JUNGEN FREIHEIT.

9. November: Feiern zum 30. Jahrestag des Mauerfalls und der friedlichen Revolution von 1989.

26. November: Zehntausend Bauern („Land schafft Verbindung“) demonstrieren in Berlin gegen die Agrarpolitik der Bundesregierung

30. November: Eine Mehrheit von knapp 53 Prozent der SPD-Mitglieder entscheidet sich für das Bewerberduo Saskia Esken und Nobert Walter-Borjans als Vorsitzende. Die offizielle Wahl erfolgt beim Bundesparteitag am 6. Dezember. 

30. November: Auf dem Parteitag in Braunschweig wählt die AfD Jörg Meuthen und Tino Chrupalla zu ihren beiden Bundesvorsitzenden.





Dezember

12. Dezember: Bei der britischen Unterhauswahl gewinnen die Konservativen von Premierminister Boris Johnson deutlich mit 43,6 Prozent. Die sozialdemokratische Labour-Party kommt auf 32,5 Prozent. 

13. Dezember: Die FPÖ schließt ihren früheren Vorsitzenden Heinz-Christian Strache aus.

13. Dezember: Gegen die Stimmen von AfD und FDP beschließt der Bundestag ein verschärftes Waffenrecht.