© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 52/19 / 20. Dezember 2019

Dorn im Auge
Christian Dorn

Es wird immer schlimmer: Höre ich nachts, gerade nach Hause gekommen, die Propaganda-Floskeln im Deutschlandfunk, muß ich sofort irre auflachen, um nicht durchzudrehen. Tatsächlich, so meint auch Kabarettist Uwe Steimle, sei das Kabarett vom Kabinett gar nicht mehr zu unterscheiden. Prophetisch scheint rückblickend des Sachsen Fazit während seines Auftritts in den Wühlmäusen vergangenen Sommer: „Wenn man es geschafft hat, nicht mehr in Talkshows eingeladen zu werden – dann hat man’s geschafft.“


Doch Steimles Kommentar zur Gender-Ideologie („m/w/d = männlich, weiß, deutsch“) fängt nicht die konkrete Wirklichkeit ein, wie letzte Woche im U-Bahn-Wagen der Linie 2 – der Fortschreibung des Musicals „Linie 1“ aus den achtziger Jahren. Während die von Ruhleben kommende Linie damals am Schlesischen Tor in Kreuzberg endete, führt die Strecke heute nach Pankow. So steigt am Nollendorfplatz eine vierköpfige Gruppe deformierter Zeitgenossen zu, darunter ein – im wahrsten Wortsinn – „Queerulant“ in dezenter Damenkleidung, der vor seinen Trinkgenossen angibt, wie er die Polizei an der Flughafenkontrolle getriezt habe, als diese „ihn“ mit dem falschen Pronomen angeredet hätten. Nachdem er sich erfolgreich beschwert habe, sei die Sprecherin der Polizeieinheit noch hinter ihm hergelaufen, um sich bei ihm (sprich: ihr) nochmals für die gedankenlose Diskriminierung der Kollegen zu entschuldigen – das geplante „Antidiskriminierungsgesetz“ des Berliner Senats für den öffentlichen Dienst läßt grüßen! Dienstbeflissen bin auch ich, da ich gleich versuche, mir einen Reim darauf zu machen, etwa: „Deine Devianz / fordert ihren Tanz.“ Oder: „Definiert als Trans / bist eigne Monstranz.“ Unklar bleibt, was das für die jüngste Meldung der Süddeutschen (über das Forschungsergebnis im Fachblatt Journal of Research in Personality) bedeutet, wo es heißt: „Männer sind lustiger als Frauen.“


Lustig wird es definitiv in den – hier trifft es wirklich zu – „diversen“ Kabarettprogrammen Uwe Steimles, der den Blödsinn Gaucks vom „Dunkeldeutschland“ auf den Punkt bringt, sei es doch der Osten, wo die Sonne aufgeht (www.uwesteimle.de/auftritte). Derweil denke ich mir neue Losungen aus: „Wer Deutschland nicht liebt, muß Deutschland sehr hassen.“ Und für kriminelle „Disruptoren“ der Kulturindustrie wie Fler oder Capital Bra: „Des Rappers Seel’/ sucht: Haftbefehl.“ Nicht zu vergessen das Quartett der historisch blinden „Vor-Turner“ des Turner-Preises: „Partizipativ / hieß einst: Kollektiv.“