© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 52/19 / 20. Dezember 2019

DVD: Der Frauenmörder von Paris
Vermögende Damen
Werner Olles

Monsieur Landru (Charles Denner) ist kein besonders attraktiver Mann: klein, unscheinbar, mit Glatze, stechenden Augen und schwarzem Backenbart. Dennoch hat er etwas angenehm Adrettes an sich; er versteht es, charmant zu plaudern und Verse von Baudelaire zu zitieren. Seine Wirkung auf Frauen ist dementsprechend enorm. Zwar sind die Damen, die sich auf seine Heiratsannoncen melden, nicht alle jung und schön, aber nach mancherlei Enttäuschungen sind sie nur allzu gern bereit, an der Seite des Möbelhändlers ein neues Glück zu suchen.

Landru kann sich auf jede weibliche Wesensart einstellen: auf sentimentale und frivole, auf melancholische und neckische, auf innige und spröde Frauen. Ihr gemeinsames Merkmal ist indes, daß sie sämtlich gut betucht sind. Und ein zweites verbindet die Damen: Keine von ihnen kehrt jemals aus Landrus Liebesnest zurück, nachdem sie die Überschreibung ihres Vermögens an den zukünftigen Gatten geleistet haben.

Bei der polizeilichen Suche nach den Frauen gibt erst sein sorgfältig geführtes Tagebuch Auskunft über ihr Schicksal. Als es dem Pariser Gericht vorliegt, das gegen ihn verhandelt, wird endlich klar, was aus all den Damen geworden ist: Landru hat sie umgebracht und dann verbrannt …

Claude Chabrols „Der Frauenmörder von Paris“ („Landru“, Frankreich/Italien 1962) basiert auf dem authentischen Fall des Serienmörders Henri-Desiré Landru, der während des Ersten Weltkriegs zehn Frauen und einen Knaben ermordete, 1919 festgenommen und 1922 in Versailles hingerichtet wurde. Inspiriert von Charlie Chaplins schwarzer Komödie „Monsieur Verdoux – Der Frauenmörder von Paris (1947), gelang dem Regisseur vor allem dank des Drehbuchs der Bestseller-Autorin Françoise Sagan („Bonjour, Tristesse“) ein zwischen Kriminalfilm und galanter Komödie oszillierendes Werk mit geistreichen Dialogen und ausgezeichneten Darstellern.

Chabrol inszenierte mit dramaturgischer Gestaltung und den mit den Dialogen rhythmisch aufgebauten Einstellungen eine Erzählung, die trotz ihrer morbiden Thematik voller Poesie und Genauigkeit ist. Damit sprengte der Film die Grenzen des damals üblichen französischen Kinos und setzte neue Maßstäbe.

DVD: Der Frauenmörder von Paris. Pidax Film 2019, Laufzeit etwa 114 Minuten