© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 02/20 / 03. Januar 2020

Mit Mahnwachen Wahn machen
Extinction Rebellion: Die Klimaschutz-Protestler offenbaren sektenartige Verhaltensweisen
Hinrich Rohbohm

Die Sache war lange vorbereitet. Anhänger von Extinction Rebellion (XR) haben sich in verschiedene Gruppen aufgeteilt. Scheinbar unabhängig voneinander schlendern sie über den Bremer Markt, das Herz der Wesermetropole. Vom Dom her ertönen Glockenschläge. 17 Uhr. In der Mitte des Platzes stehen Leute, die damit beginnen, Kerzen anzuzünden. Die einzelnen Gruppenangehörigen gehen aufeinander zu, bleiben unmittelbar voreinander stehen. Schweigend sieht man sich in die Augen. So als würde man auf telepathischem Wege kommunizieren. Dann begeben sich die sich gegenüber Stehenden zur Mitte des Marktplatzes. Etwa 200 Menschen kommen auf diese Weise zusammen. Sie nehmen eine der entzündeten Kerzen in die Hand und legen sich auf das naßkalte Kopfsteinpflaster. 

Es ist eine sogenannte Flashmob-Aktion. Ein kurzfristiger und für Außenstehende überraschender Menschenauflauf an einem öffentlichen, zumeist sehr belebten Ort, der scheinbar spontan entstanden ist. In Wirklichkeit ist er vorher über das Internet und die sozialen Medien organisiert worden, um eine einprägsame Botschaft zu vermitteln und andere zum Mitmachen zu animieren. In diesem Fall von Extinction Rebellion. 

Die Menge ruft wie in Trance

Die Teilnehmer stellen ihre entzündeten Kerzen neben sich auf den Boden. So daß daraus ein großer Kreis entsteht. Musik erklingt: „Sorry, my friend“, haucht eine zarte Männerstimme aus den mitgebrachten Lautsprecherboxen. Einige singen leise den Song „This End“ von den Doors vor sich hin. Dann schließen alle die Augen, stellen sich tot. Eine gespenstische Szenerie, die ein wenig an Endzeit-Sekten erinnert. Eine Stimmung, die den Eindruck vermittelt, die letzten Tage der Erde stünden unmittelbar bevor. Die hier Versammelten sind Gläubige. Klimagläubige. Von der durch Straßenproteste und Medienberichterstattung erzeugten Hysterie besonders heftig Befallene, die tatsächlich davon überzeugt zu sein scheinen, daß der Planet kurz davor stehe unterzugehen. 

Eine in rote Tücher gekleidete Gruppe betritt die Szenerie. Zumeist Frauen. Viele von ihnen haben ihre Gesichter totenweiß geschminkt. Begleitet werden sie von Fahnenträgern, die das Extinction-Rebellion-Symbol auf rotem Farbhintergrund hochhalten. Schweigend zieht die Gruppe an den totgestellten Körpern vorbei. Es handelt sich bei ihnen um die sogenannte „Red Rebel Brigade“, die von dem Künstler Doug Francisco in Großbritannien kreiert wurde. Auch sie ist alles andere als spontan organisiert. Lange vorher suchte XR nach Freiwilligen, die sich in dieser „Brigade“ engagieren wollen. In sogenannten Bewegungstrainings haben sie die Abläufe einstudiert. Dann wird es leise. Totenstille. Bis Ozin und Franziska zum Mikrofon greifen und eine Rede beginnen. „Die von uns Menschen durch die Industrialisierung verursachte Erderwärmung und die Zerstörung unserer Ökosysteme durch die rücksichtslose Ausbeutung der Natur drohen die Erde unbewohnbar zu machen und unsere Zivilisation zu vernichten“, predigt Franziska ihren gläubigen Zuhörern. 

Ozin sekundiert ihr, spricht von der Landwirtschaft, die „unsere Böden“ vergifte, die Ökosysteme vernichte und „ganz erheblich“ zum Klimawandel beitrage. Er spricht von der Autoindustrie, die „unsere Städte und auch weite Landstriche zubetoniert“ habe und „unendlich viele Ressourcen“ verschlinge. Und er spricht von der Energiewirtschaft, die „besonders zerstörerische Auswirkungen auf die Umwelt“ habe. „Kohle, Gas, Fracking und Atomkraftwerke, eine einzige Katastrophe“, schimpft er. Und kommt dann zum eigentlichen Anliegen: „Der Haken liegt am System. Wachstum, Wachstum, Wachstum. Wollen wir das wirklich?“

Franziska gibt sofort für alle die Antwort: „Nein. Wollen wir nicht.“ Statt dessen brauche es einen „wirklich umfassenden Wandel.“ Diesen müsse man „erzwingen“. „Wenn wir unsere Energien sofort darauf verwenden, vernünftige Gesetze einzufordern, können wir noch einen guten Teil der drohenden Katastrophe abwenden“, beschwört Ozin die Klimagläubigen. 

„Aber täuschen wir uns nicht. Man wird versuchen, unsere Bewegung zu spalten“, orakelt Franziska. Und ruft wie zum Trotz den „Fridays for Future“-Spruch in die Menge: „We are unstoppable, another world is possible!“ Ein Ausruf, den die Menge wie in Trance mehrfach wiederholt. 

„Der Kapitalismus trägt den Krieg in sich“

Nach Recherchen der JUNGEN FREIHEIT handelt es sich bei Ozin um den Diplom-Biologen Roland Stern, bei Franziska um die Diplom-Pädagogin Franziska Brown. Stern, ein Angestellter im Labor für Mikrozerspanung an der Universität Bremen, scheint es bei sich selbst mit der Einstellung auf den Klimawandel nicht ganz so genau zu nehmen. In Neuseeland absolvierte er eine Flugausbildung zum Hubschrauberpiloten, machte dort Luftbildaufnahmen von großen Farmen und Millionärsvillen auf der Südinsel des Landes. Und während er davon spricht, daß unser Wachstum auf Kosten der Ärmeren erfolge, lebt er selbst in einem beschaulichen Einfamilienhaus „im Grünen“. 

Daß Wasser predigen und Wein saufen in den Kreisen selbsternannter Klimaschützer keine Seltenheit ist, wurde bereits am Beispiel von Luisa Neubauer deutlich, dem deutschen Gesicht von „Fridays for Future“, die auf Instagram eilig Fotos von ihren zahlreichen Flugreisen löschen ließ. Und auch im Falle von Greta Thunberg, der Gründerin und Ikone der weltweiten FFF-Bewegung, war es entlarvend, als sie zunächst ein Foto von sich im ICE der deutschen Bahn postete, einsam auf dem Boden sitzend und mit schweren Koffern im Schlepptau, tatsächlich aber später auf einem Sitzplatz in der ersten Klasse logierte. 

Geht es den Protagonisten der Klimademos möglicherweise doch mehr um einen politischen Systemwechsel als um den Klimaschutz? Geht es mehr um das Schüren von Angst, um ideologisch ausgefeilte Ziele zur Umgestaltung unserer Demokratien zu erreichen? 

Nur wenige Meter von der Flashmob-Aktion, etwas abseits von der Extinction-Rebellion-Bewegung, steht eine andere Gruppe, ältere Männer und Frauen mit Pappschildern. Es ist eine „Mahnwache für den Frieden“. Bei der „Mahnwache“ geht es nicht um Klimaschutz. Es geht um den „Kampf gegen das System“. Die Aussagen ähneln sich dennoch. „Menschen fliehen, weil wir ihre Länder zerstören“, heißt es auch dort. Und: „Der Kapitalismus trägt den Krieg in sich, wie die Wolke den Regen“, ist da zu lesen sowie „Die Interessen des Kapitals lassen Gerechtigkeit nicht zu.“ 

Interessant dabei: „Aktivisten“ von Extinction Rebellion gehen später auf einige dieser Leute zu. Man begrüßt und umarmt sich, scheint sich gut zu kennen. „Wir kommen gleich mal zu euch rüber“, kündigt einer der XR-Aktivisten der Gruppe an. Nicht nur räumlich ist man sich offenbar nah. 

Lesen Sie in der kommenden Ausgabe Teil 5 unserer Serie, in dem es um die Frage geht, wer Extinction Rebellion finanziert.