© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 02/20 / 03. Januar 2020

Knapp daneben
Die Reifung der Klimabewegten
Karl Heinzen

Leonie Bremer ist Bundespressesprecherin von „Fridays for Future“ und gehört damit zur C-Prominenz der Klimaschutzbewegung, der die Spaßgesellschaft eine neue Freizeitaktivität zu verdanken hat. Sie darf darauf vertrauen, daß man sie in fünf oder zehn Jahren zum Dschungelcamp einladen wird. Dem dürfte sie sich, naturbegeistert wie sie ist, kaum entziehen können. Vielleicht warten auf ihrem Karriereweg aber auch noch höhere Weihen. Unsere Zivilgesellschaft belohnt jene, die sich so viel Sorgen um die Zukunft der Welt machen, daß ihnen zur Bewältigung praktischer Probleme die Muße fehlt.

Und Leonie weiß, was die Stunde geschlagen hat. Die Menschheit treibt dem Abgrund entgegen. Wer sie davon abbringen möchte, blind ins Verderben zu rennen, muß aber selber mit gutem Beispiel vorangehen, so wie Jesus es getan hat oder doch wenigstens so ähnlich. Trotz ihrer gerade einmal 22 Jahre hat auch Leonie hier schon etwas vorzuweisen. 

Doch dann das Gewissen: Weißt du von der vielen Energie, die man für künst-lichen Schnee benötigt?

Bis 2016 war sie Snowboarderin und regelmäßig in Österreich im Urlaub. Sie hat das sogar „super gerne“ gemacht, wie sie der FAZ am Rande des Madrider Klimagipfels erklärte. Doch dann regte sich das Gewissen in ihr und sagte: Weißt du eigentlich, daß hier, in den Bergen, viele, viele Bäume abgeholzt werden mußten, um Skipisten zu schaffen? Und mehr noch: Hast du eine Vorstellung von den Unmengen von Energie, die man benötigt, um künstlichen Schnee zu erzeugen? 

Den richtigen, den gibt es nämlich wegen der Erderwärmung nur noch ganz selten. Da erschrak Leonie ganz furchtbar und beschloß, ein besserer Mensch zu werden. Nein, Skifahren läßt sich nicht rechtfertigen, und auch allen, die darüber grübeln, wie man zumindest die Anreise etwas ökologischer gestalten könnte, muß man entgegnen: Das reicht nicht, das dürft ihr den Bergen und dem Klima nicht antun. Was aber, wenn sie nicht hören wollen und verstockt, wie die Konsumgesellschaft sie gemacht hat, auf ihrem Vergnügen bestehen? Dann muß man sie zu einem Verhalten zwingen, das ja auch ihrem Glück dient. Wer sich der Einsicht verweigert, hat keinen Anspruch auf Kompromisse.