© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 03/20 / 10. Januar 2020

Bürokratieabbau fördert den deutschen Mittelstand am besten
Realitätsverweigerung
Kay Gottschalk

Das Herz der deutschen Wirtschaft sind die mittelständischen Unternehmen, die zumeist in Familienhand geführt werden. Ihnen ist das deutsche Wirtschaftswunder maßgeblich mitzuverdanken. Der Mittelstand umfaßt 99,6 Prozent der Firmen in Deutschland und trägt wesentlich zu Arbeitsplätzen, privaten Einkommen sowie zum Aufkommen für die Sozialsysteme bei. Er übernimmt – im Gegensatz zu vielen Großkonzernen – Verantwortung in der Förderung von Kultur, Sport und Ehrenamt. Er stärkt den Zusammenhalt und die Identität ganzer Regionen. Er ist das Rückgrat unserer Wirtschaft.

Damit es so bleibt, braucht es politischen Rückenwind. Die Regierungspolitik soll über entsprechende Rahmenbedingungen die Wirtschaft stärken. Zehn Jahre nach der letzten Reform steht die Unternehmensbesteuerung erneut im Fokus. Wirtschaftsminister Peter Altmaier hat immerhin das dritte Bürokratieentlastungsgesetz auf den Weg gebracht. Eine auf die Unternehmen zugeschnittene Vereinfachung ist dringend geboten, wenn man bedenkt, daß Firmen in Deutschland mit einer Steuerbelastung bestraft werden, die ein Drittel über dem EU-Durchschnitt liegt. Sogar die Hochsteuerländer Belgien und Frankreich streben inzwischen eine Steuerbelastung an, die deutlich unter dem deutschen Niveau liegt.

Aber was passiert tatsächlich in der deutschen Realität? Wird der Mittelstand wirklich entlastet und gefördert? Nein. Während CDU-Kollege Altmaier Bürokratieentlastung verordnet, verteidigt SPD-Finanzminister Olaf Scholz seine Bon-Pflicht, die mit einem riesigen bürokratischen Aufwand einherkommt. Die ehemalige Arbeiterpartei SPD sorgt über den Bundesrat nicht etwa dafür, daß die CO2-Abgabe beerdigt wird, sondern daß sie statt mit zehn ab 2021 mit 25 Euro pro Tonne startet. 2025 sollen es bereits 55 Euro sein – sprich: Heizöl und Diesel werden um 20,2 Cent pro Liter teurer. Durch diese Politik kommt es bei zahlreichen Mittelständlern zu Massenentlassungen – vor allem in der Automobil- und Zulieferbranche. Die SPD will zudem mit einer Vermögensteuer den Mittelstand zusätzlich schädigen und damit weitere Arbeitsplätze gefährden.

Wie ließe sich das Rückgrat unserer Gesellschaft wirklich entlasten? Etwa durch den „Tarif auf Rädern“, der den Effekt der kalten Progression bei der Einkommensteuer stark abschwächt. Eine vollständige und nicht nur teilweise Abschaffung des Solidaritätszuschlages würde den Mittelstand sofort direkt entlasten. Überflüssige Regulierungen müssen weg, Unternehmen müssen wieder frei agieren können und nicht vor lauter Scheu vor Genehmigungsverfahren Investitionen vermeiden. Und es bedarf endlich einer leistungsfähigen digitalen Verwaltung mit verläßlichen Schnittstellen zu den Unternehmen.






Kay Gottschalk ist AfD-Bundestagsabgeordneter und Mitglied im Finanzausschuß.