© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 05/20 / 24. Januar 2020

Zwischen Reichstag und Kanzleramt
Bundesklatsch
Christian Vollradt

Das Jahr ist noch jung, und im politischen Berlin ist die Zeit der Neujahrsempfänge. Fraktionen, Verbände, Medien – überall tummeln sich Lobbyisten, Politiker, Ministeriumsmitarbeiter, Funktionäre und Journalisten. Ab halb sieben meistens zieht man wie eine Karawane von Oase zu Oase. Zwischen zartem Entrecôte und Riesling wird geplaudert, „genetzwerkt“ – und getratscht.

Die Lage der Großen Koalition eignet sich dafür selbstverständlich immer als Thema, wobei es bei Erwähnung der SPD und ihres Führungspersonals meist nicht über eine hochgezogene Augenbraue sowie eine abwinkende Handbewegung beim Gesprächspartner hinausgeht. Die Unionsseite bietet da derzeit deutlich mehr Stoff.  

Bayerns Ministerpräsident und CSU-Chef Markus Söder hatte sein Gedankenspiel über mögliche Umbauten in der Bundesregierung (JF 3/20) noch einmal aufgefrischt und auch einen Wechsel der christsozialen Minister nicht ausgeschlossen. Gemeint seien sein Intimparteifeind, Innenminister Horst Seehofer, sowie der mautaffärengeplagte Verkehrsminister Andreas Scheuer.

Die Augsburger Allgemeine hatte eine Quelle aus CSU-Spitzenkreisen zitiert, wonach Söder beide als reine Belastung für die Partei bezeichnet haben soll. Und bei einem Gläschen Gin Tonic läßt sich auch jenseits des Weißbieräquators gediegen über mögliche Nachfolger spekulieren. Könnte Digitalstaatsministerin Dorothee Bär tatsächlich der Aufstieg zur echten Ministerin gelingen? In Scheuers Haus war sie schließlich schon einmal Parlamentarische Staatssekretätin. Und beerbt der Oberbayer Stephan Mayer seinen derzeitigen Chef, einen Franken, im Innenministerium? Oder wird das doch Alexander Dobrindt? Nein, wirft ein erfahrener Hauptstädter ein, der fühle sich offenbar an der Spitze der Landesgruppe so wohl, daß ein Wechsel ins Kabinett eher unwahrscheinlich sei.

Sehr verärgert über Störfeuer aus München hatte sich Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Armin Laschet bei der CDU-Vorstandsklausur in Hamburg geäußert. Während sich der Parteivize an dieser K-(Kabinettsumbildungs)-Debatte stört, wird ihm wiederum ein erhebliches Interesse am Offenhalten der K-(Kanzlerkandidaten)-Frage nachgesagt. Hinter mehr oder weniger vorgehaltener Hand fällt dann im Bundesberliner Abendtreiben noch ein anderer Name: Ralph Brinkhaus. Der Chef der Bundestagsfraktion wird als eine Art Geheimtip-Kandidat für die Merkel-Nachfolge an der Adresse Willy-Brandt-Straße 1 gehandelt. 

Ein Glas Pils später steht die Rubrik Klatsch auf der Tagesordnung. Da hat diesmal Familienministerin Franziska Giffey (SPD) die Nase vorn. Die hat gerade die Affäre um Plagiate in ihrer Dissertation glimpflich überstanden, da gerät ihr Gatte in die Schlagzeilen: Der Amtsveterinär war vom Verwaltungsgericht aus dem Dienst entfernt worden. Das Verfahren ist noch nicht abgeschlossen. Die Ministerin schweigt – und erschien jüngst, wie aufmerksame Beobachter bemerkten, ohne Ehering.