© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 05/20 / 24. Januar 2020

Westliche Irrtümer im Kosovo
Tragikomödie: Der inkorrekte Film „Kill Me Today, Tomorrow I’m Sick!“ hat keinen Verleih gefunden
Christian Dorn

Nicht nur Deutschland, der ganze Westen ist Exportweltmeister, wenn es darum geht, die Produkte „Demokratie“ und „Menschenrechte“ auszuführen. Paradebeispiel ist das Kosovo, wo 1999 – nach Rückzug des serbischen Militärs durch das US-geführte Nato-Bombardement – die internationale Gemeinschaft die größte und teuerste Hilfsaktion in Europa seit 1945 startete, um das Kosovo zu einem demokratischen, multiethnischen Staat zu gestalten, dessen Scheitern vorprogrammiert war, da der Haß zwischen Kosovaren und Serben auch nach Kriegsende ungebrochen ist. Nicht zufällig lautet heute die Paradeformel hierzu: „How the West built a failed state“.

Nichts zeigt diesen Konflikt zwischen Irren- und Schlachthaus (wo gekidnappte Menschen für den Organhandel ausgeweidet werden) besser und – vor allem – unterhaltsamer als „Kill Me Today, Tomorrow I’m Sick“, eine schwarze Komödie von Joachim Schroeder und Tobias Streck, die – so Filmemacher Dominik Graf begeistert – eine „Satire ohne Gebrauchsanweisung“ liefere. 

Diese ist allerdings ohne funktionierende Lieferkette, weshalb – in Anlehnung an die frauenverachtenden Witze des selbstmitleidigen Vize-Chefs der OSZE – ebenso gefragt werden könnte: Was unterscheidet Taiwan von Deutschland? In Taiwan sorgt China dafür, daß ein preisgekrönter Film keinen Verleih findet (siehe „Metal Politics Taiwan“), hier tun es die Deutschen selbst, damit ein politisch inkorrekter Film nicht in die Kinos kommt. Wo kämen wir auch hin, wenn die Leinwand sich zur Wirklichkeit öffnet? Dabei bildet dieser ironische Film, der im Unterschied zu seinen Figuren niemals zynisch ist, „jedes einzelne Problemfeld und Malheur solcher Einsätze schmerzhaft ab“, wie etwa Oberstabsfeldwebel a.D. Lutz Gehres bestätigt, der in Bosnien und Afghanistan eingesetzt war. 

So wird hier ungeschminkt die Geschichte der neurotischen, ignoranten, korrupten und saturierten „Internationals“ erzählt, an deren Spitze der zynische OSZE-Diplomat Christian Zoet (Joachim Steinhöfel) steht, ergänzt um den abgeklärten Journalisten Gorsky (Henryk M. Broder). Als die Helferin Anna (Karin Hanczewski) aus Stuttgart anreist, um dort „freie und demokratische Medien“ aufzubauen, ruft das bei ihrem Chauffeur (und späteren Liebhaber) Plaka – phantastisch gespielt von Carlo Ljubek, der hier die ganze Klaviatur von Mimik und Gestik aus- und so alle deutschen Schauspieler der Gegenwart an die Wand spielt – einen Lachanfall hervor. Tatsächlich muß er Anna auch gleich vor einem Lynchtod bewahren, als diese in einem Laden nichtsahnend drei Finger hochhält, um anzuzeigen, daß sie drei Mark zahlen will – nicht wissend, daß diese drei Finger das serbische Siegeszeichen sind.

Als sie zufällig mit ansieht, wie ein serbischer Politikprofessor und seine Familie auf dem Marktplatz unter dem Beifall der Masse exekutiert wird, erfährt sie, was es mit dem OSZE-Motto („Kooperation ist wichtiger als Konfrontation“) auf sich hat, fordert diese Losung doch den „Respekt vor Bräuchen und Traditionen“ und damit auch vor der Täter-Familie von UÇK-Kommandant Rhaci (Boris Milivojevic), dem künftigen Präsidenten, und vor dessen psychopathischem Killer Gazmend, brillant verkörpert von Tommy Soward.

Die nächsten Aufführungen finden in Bremen und Hannover statt. Termine unter:  www.killmetoday.com