© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 06/20 / 31. Januar 2020

Zeitschriftenkritik: Forschung Frankfurt
Das Herz besser schützen
Werner Olles

Herzgeschichten“ stehen im Mittelpunkt der aktuellen, zweimal jährlich erscheinenden Ausgabe (2/2019) des Wissenschaftsmagazins der Goethe-Universität Forschung Frankfurt. Dabei geht es nicht nur um das leibhaftig in der Brust schlagende Herz, sondern auch um das Herz als Metapher und Symbol. Doch gelten Herz-Kreislauf-Erkrankungen immer noch als eine der häufigsten Todesursachen in den westlichen Industrienationen. Um so wichtiger scheint es da vorzubeugen und Risikofaktoren wie Bluthochdruck, Diabetes, Nikotinabusus, aber auch psychische Krankheiten frühzeitig zu erkennen und adäquat zu behandeln. Tatsächlich ist so eine gezielte Prävention möglich, bevor Symptome wie Herzstolpern, Herzrasen, Schwindel oder Atembeschwerden eintreten. Beginnt die Therapie nämlich zu spät, kann eine komplette Heilung oft nicht mehr erreicht werden.

Über den Einfluß von Diäten, Nahrungsergänzungsmitteln und Probiotika berichtet die Biochemikerin und Pharmakologin Ingrid Fleming. Sie plädiert für eine angemessene Zufuhr des die Gefäße schützenden Knoblauchs und für Butter statt Margarine, deren gesundheitlicher Nutzen trotz früherer Behauptungen zweifelhaft ist, weil die erhöhte Aufnahme gesättigter Fettsäuren und Omega-6-Fettsäuren Fettleibigkeit, Bluthochdruck, Entzündungen, Herzschwäche, Fibrose und Fettlebererkrankungen begünstige. Inzwischen kann die Forschung immer besser begründen, warum Menschen, die sich vorwiegend mediterran ernähren, seltener an Herz-Kreislauf-Erkrankungen leiden und auch Veganer und Vegetarier hier im Vorteil sind.

Über Kummer als Auslöser von Krankheit und Leiden ist immer noch zu wenig bekannt. Zwar hat der griechische Philosoph Alkmaion erkannt, daß nicht das Herz das Zentralorgan der Wahrnehmung ist, sondern das Gehirn, doch die Alltagssprache hält daran fest, daß Gefühle Herzenssache sind, womit sie nicht ganz falsch liegt. Denn wenn Gefühle verletzt werden, ist eben doch das Herz das Organ, das darunter leidet. Zwar gehört seelischer Schmerz zum Leben dazu, und kaum jemand bleibt davon verschont. Doch während die Zeit bei den meisten Menschen die Wunden heilt, durchleben andere den Schmerz, beispielsweise den Tod eines geliebten Menschen, besonders intensiv und ausdauernd und finden mitunter nicht mehr zurück in den Alltag. Und einigen bricht das Herz in fast wörtlichem Sinne. Wenn alles grau, sinnlos und ohne Hoffnung scheint, Schmerz, Wut, Bitterkeit und Selbstmitleid durchlitten werden, wenn das eigene Leben zu entgleisen droht, ist eine Verhaltenstherapie-Ambulanz eine wichtige Anlaufstelle, denn physiologisch betrachtet wirkt sich Kummer wie eine extreme Streßsituation aus.

Weitere Beiträge befassen sich mit der Kinderkardiologie, dem Umgang mit dem Herzen in der Literatur des Mittelalters, der Symboltransformation im Christentum und der Bedeutung des Herzens in der jüdischen Mystik.

Kontakt: Helga Ott, Theodor-W. Adorno-Platz 1, Campus Westend, 60323 Frankfurt am Main. Das Einzelheft kostet 6 Euro, ein Jahresabo 12 Euro. 

 www.forschung-frankfurt.de