© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 06/20 / 31. Januar 2020

Den „Ungehörten“ eine Stimme geben
Niederlande: Zwei bekannte Journalisten wollen mit „Ongehoord“ einen freien Sender schaffen
Ronald Berthold

Nicht nur in Deutschland wächst die Kritik an der Einseitigkeit der Medien. Im Kampf um mehr Pluralismus ist es in den Niederlanden zwei bekannten konservativen Fernseh-Reportern gelungen, einen eigenen Rundfunk zu gründen. Laut Gesetz muß dieser nun in das öffentlich-rechtliche System NPO integriert werden. Doch etablierte linke Journalisten fürchten um ihre Deutungshoheit, wollen die ungebetene Konkurrenz verhindern und noch vor der ersten Sendung verbieten lassen.

Der Name des neuen Senders ist Programm: „Ongehoord Nederland“ (ON), Ungehörte Niederlande, will über jene Themen berichten, die in den Mainstream-Medien tabu sind – ein Programm für die „nicht gehörten“ Niederländer. Dazu zählen die Schattenseiten der Migration, der EU-Zentralismus und die Kritik an der Klimapolitik.

Anders als in Deutschland, wo der öffentlich-rechtliche Rundfunk vor allem die unterschiedlichen Regionen abbilden soll, orientiert sich die Struktur des holländischen Pendants an politischer und religiöser Vielfalt. Weltanschaulichen Gruppierungen reichen 50.000 Mitglieder, um eine Rundfunkgesellschaft gründen zu dürfen, die auf festen Sendeplätzen Nachrichten, Meinung und Unterhaltung liefert. Der Staat muß dies zulassen und finanziell unterstützen.

Deutsche Medien zielen bereits ins Nachbarland

Kurz vor Weihnachten konnte „Ongehoord Nederland“ das 50.000ste Mitglied begrüßen und seinen Anspruch darauf, gehört zu werden, offiziell anmelden. Seitdem ist die Aufregung groß – auch in Deutschland. Der „Deutschlandfunk Kultur“ unterstellt dem neuen Programm eine Nähe zu „rechten und rechtsextremen Parteien“. Die Süddeutsche Zeitung spricht von einem „Rechtsaußen“-Projekt. Das Münchner Blatt meint außerdem, es liege keineswegs an politischer Einseitigkeit, daß konservative Politiker wie Geert Wilders und Thierry Baudet im Staatsfernsehen nicht zu Wort kommen. Die „Wahrheit“ sei vielmehr, daß sie „kritischen Fragen aus dem Weg gehen“. 

Ganz anders sieht das indes ON-Chef Arnold Karskens. Der berühmte frühere Kriegsreporter kritisiert, daß Baudet und Wilders wegen eines Boykotts der Sender kaum ein öffentlich-rechtliches Podium hätten. Dabei verträten sie rund 25 Prozent der niederländischen Wähler. Wenn sie doch einmal ein Statement abgeben dürften, würden die Oppositionellen „schurkenhaft behandelt“.

Doch Karskens’ Kritik geht weit über Parteipolitik hinaus. „Sehr viele Leute finden ihre Meinung in den Mainstream-Medien nicht wieder“, sagt er. Warum das so sei? „Alle Medien sind liberal und links“ und verlangten von den Menschen, „links oder liberal“ zu wählen. Bisher sehe man im Fernsehen kaum jemanden, der zu Fragen wie dem Einfluß der EU oder den Konsequenzen der Migration eine andere Meinung vertrete. Es gebe eine Lücke im Angebot, meint er: „Und wir werden diese Lücke füllen.“ Man wolle auch darüber sprechen, warum junge Leute keine Wohnungen bekommen. Bisher bleibe unerwähnt, daß Wohnraum vor allem an „sogenannte Flüchtlinge“ vergeben werde.

Der Star-Reporter dokumentiert in einem „Schwarzbuch“ seit Jahren die Verfehlungen der eigenen Zunft. In den veröffentlichten Berichten erkennt er „Voreingenommenheit“ der öffentlich-rechtlichen Journalisten, weist auf „Manipulationen“, „Diskriminierung“ und „Falschnachrichten“ hin. Außerdem werde der „ganz normale Niederländer“ in den Medien „als Rassist abgestempelt und ausgelacht“.

Alle Appelle, das Programm weniger einseitig zu gestalten, haben nichts geholfen. Nun will Karskens mit dem bekannten Kulturjournalisten Joost Niemöller mitmischen und den bisher ungehörten Landsleuten ein Ohr schenken. Doch trotz der erfüllten juristischen Bedingungen ist es keineswegs ausgemacht, daß ON auch über den Äther gehen kann. Um das zu hintertreiben, sollen offenbar Diffamierungen helfen. Die Süddeutsche nennt die Rundfunk-Leute pauschal „Nationalisten, Islamkritiker und unverhohlene Rassisten“.