© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 06/20 / 31. Januar 2020

Frisch gepresst

Braunes Wuppertal. „Grabe, wo du stehst!“ lautete der Wahlspruch der sozial- und mentalitätshistorisch orientierten Alltagsgeschichte, die in der Schlußphase der Bonner Republik in schöner Blüte stand und der schon schwächelnden, als „Heimatkunde“ belächelten Regionalgeschichte frisches Blut zuführte. Markus Kiel, Jahrgang 1971, scheint von diesem Enthusiasmus für Lokalhistorie früh erfaßt worden zu sein, denn seit Jahrzehnten konzentriert er sich auf die Erforschung des Nationalsozialismus in Wuppertal und Umgebung. Zu seinen dazu veröffentlichten Büchern gesellt sich jetzt eine biographische Studie über Willy Veller (1896–1941), den SA-Führer und Polizeipräsidenten in Wuppertal und Oberhausen. Sie führt rasch in Abgründe von Gewalt, Korruption und Dummheit, aus denen nicht nur Veller, sondern auch sein im Wuppertal-Elberfelder NS-Sumpf sozialisierter Parteigenosse Erich Koch, nachmals Gauleiter Ostpreußens und Reichskommissar in der Ukraine, 1933 emporkam. Was Koch im großen Maßstab zum nationalen Verderben Deutschlands beitrug, leistete der vielfach vorbestrafte Alkoholiker Veller, unter dessen Ägide 1933 das „wilde“ KZ Wuppertal-Kemna entstand, im Kleinen. (ob)

Markus Kiel: „Rein nationalsozialistisch gesehen…!“ Die kritisch betrachtete Biografie des SA-Führers und Wuppertaler Polizeipräsidenten Willy Veller. Agenda Verlag, Münster 2019, 206 Seiten, Abb., 19,90 Euro 





Bimbes. Mit dem pfälzischen Synonym „Bimbes“ bezeichnete Bundeskanzler Helmut Kohl die für ihn ebenso wichtigen als auch lästigen Geldfragen. Der Skandal um die Schwarzen Kassen der CDU mit ebendiesem Bimbes sollte nach 1998 jedoch dem Altkanzler seinen politischen Lebensabend gründlich verhageln. Kohls späteres beharrliches Schweigen im Untersuchungsausschuß führte dazu, daß bis heute die Nebel über dieser Affäre nicht gelichtet sind. Nun behauptet Karl-Heinz Ebert, sein Vater habe ihm vor seinem Tod Hintergründe zu diesem Fall gebeichtet. Karl-Anton Ebert war nämlich Buchhalter und seit der Zeit des „Adenauerfernsehens“, des 1961 gescheiterten Versuchs des ersten Bundeskanzlers, einen regierungsnahen Sender zu installieren, mit Finanzfragen der CDU betraut. Aus dieser Zeit soll sich auch ein System von „Reptilienfonds“ und Schwarzen Kassen bis in Kohls Kanzlerschaft erhalten und dauerhaft etabliert haben. (bä)

Karl-Heinz Ebert: Die Beichte meines Vaters über die Herkunft des Bimbes. DIe schwarzen Kassen der CDU. Westend Verlag, Frankfurt am Main, gebunden, 154 Seiten, 18 Euro