© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 07/20 / 07. Februar 2020

Bernard Rougiers Studie über die Landnahme des radikalen Islam erschreckt Frankreich.
Chronist der Eroberung
Jürgen Liminski

Kenner des Islam haben oft eines gemeinsam, vor allem so sie sich dessen radikaler Form widmen: sie reden ungern über ihre Familie. Auch findet man nichts oder kaum Persönliches über sie im Netz, keine Telefonnummer, keine E-Post- noch Wohnadresse. Der Grund liegt auf der Hand: Sie wollen ihre Angehörigen nicht gefährden. Das gilt auch für Professor Bernard Rougier, dessen erschreckende Studie die Debatte in Frankreich neu entfacht hat (JF 6/20).

Seine sieben Bücher über den Islam führen den Leser in eine Welt ein, die von der Faszination für diesen – die auch den 1966 geborenen Politologen auf einer Libanonreise 1990 erfaßte – über die Hoffnung auf seine Reformierung bis hin zu seinen gewalttätigen Varianten reicht. Und die die Entwicklung des Islam im Krisenhalbmond zwischen Casablanca und Ankara im letzten halben Jahrhundert nachzeichnen. Rougiers neues, eben in Frankreich erschienenes Werk „Les territoires conquis de l’Islamisme“ (Die vom Islamismus eroberten Gebiete) belegt nun empirisch, in welchem fortgeschrittenen Ausmaß in unserem Nachbarland der radikale Islam ganze Stadtviertel und Dörfer durch Einwanderung und Indoktrination geistig erobert und physisch besetzt hat.

Es sind Ghettos entstanden, in die sich kaum ein Franzose mehr traut. Die Sicherheitsdienste haben mehr als 150 solcher „besetzten Gebiete“ ausgemacht. Dabei handele es sich, so Rougier, um die „logische Verlängerung der salafistischen Revolution vom Vorderen Orient nach Europa“. Die radikalen Formen des Islam hätten die sanfteren verdrängt – erst in der arabischen Welt, jetzt auch in Europa. 

Rougiers Studie hat die Debatte neu belebt, wie ähnlich zuvor bereits sein Mentor, der Pariser Sozialwissenschaftler Gilles Kepel (JF 48/16) oder der Schriftsteller Michel Houellebecq mit seinem Bestseller „Unterwerfung“ (JF 4/15). Und sie hat dazu beigetragen, daß das Problem nicht mehr als Randphänomen registriert und über die Warner als von „einigen Verirrten“ oder „psychisch Gestörten“ geredet wird, sondern daß auch in der Politik ein Nachdenken über den Islam insgesamt eingesetzt hat. Das unterscheidet die Diskussion in Frankreich grundsätzlich von der in Deutschland.

Trotz der faktensatten Thesen seines Buches, die er mit Hilfe seiner Studenten erarbeitet hat, fürchtet Rougier, daß der politisch korrekte Lehrbetrieb ihm als Professor das Leben schwermachen könnte. Zwar kommt er politisch eher von links und versteht die Verbindungen zwischen Proletariat und Islamismus – „die Figur des Arbeiters wird ersetzt durch den islamischen Migranten“ –, aber man werde ihn als „islamophob hinstellen, um weitere Forschungen zu unterbinden“. Ganz soweit ist es allerdings noch nicht. Und so will er weiter, solange er kann, die Art und Weise der islamischen Eroberung Europas wissenschaftlich untersuchen und aufdecken.