© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 07/20 / 07. Februar 2020

Mit Cum-Ex-Aktiendeals wurde der Fiskus um Milliarden geprellt
Verschleppung droht
Kay Gottschalk

Ein Milliarden-Skandal spielt sich seit Jahren vor den Augen der Regierenden und der Aufsichtsbehörden ab. Vielleicht kann aber das Verfahren vor dem Landgericht in Bonn einige Fragen klären, zu denen die Bundesregierung bislang keine Antwort geben kann oder will. Einen Hoffnungsschimmer stellt die Aussage des Vorsitzenden Richters Roland Zickler dar: „Cum-Ex-Geschäfte in der hier angeklagten Konstellation sind strafbar.“ Was jedoch noch lange keinen Schuldspruch der beiden Angeklagten bedeutet.

Alle Steuerbetrügereien rund um das Dividendenstripping – die Kombination aus dem Verkauf einer Aktie kurz vor der Dividendenzahlung und Rückkauf derselben Aktie kurz nach dem Dividendentermin – werden unter dem Schlagwort „Cum-Ex“ zusammengefaßt und sie stehen sinnbildlich für Chaos, Unfähigkeit und Mißstände. Eine treffendere Zustandsbeschreibung gibt es nicht. Denn wohl seit Jahrzehnten wurden so Milliarden und Abermilliarden an Steuergeldern vermeintlich „zurückgefordert“. Das Geld kam faktisch von den weniger börsenaffinen Bürgern, etwa via Umsatz- oder Lohn- und Energiesteuern, die über zwei Drittel der Bundeseinnahmen ausmachen.

Beim Cum-Ex-Skandal haben die Merkel-Kabinette vollständig versagt. Erst 2012 und 2016 wurden die gröbsten Schlupflöcher gestopft. Experten schätzen den Gesamtschaden für den deutschen Fiskus aus den Manipulationen von Banken und Anlegern um Cum-Ex, Cum-Cum und Cum-Fake auf über 30 Milliarden Euro. Vielleicht werden deshalb keine validen Zahlen genannt. Sicher, die Tatsachen könnten wehtun. Aber nur mit dem Mut zur Wahrheit läßt sich eine echte Aufklärung betreiben – und dieser Steuerraub wirklich bekämpfen. So ließe sich auch endlich der ehrliche Steuerzahler entlasten.

Doch auch der Cum-Ex-Untersuchungsausschuß aus der vergangenen Legislaturperiode, der immerhin einen über tausend Seiten langen Bericht zustande bekam, konnte das Steuerproblem nicht lösen. Positiv ist, daß der Bundestag der Überweisung in den federführenden Finanzausschuß zugestimmt hat, so daß dieses Thema und ähnliche Fälle nochmals ausführlich behandelt werden können. Dennoch stellt sich aber weiterhin die Frage, seit wann die Bundesregierung und die zuständigen Minister von der Misere wissen.

Mit Blick auf die Verjährung kann diese Frage brisant werden. Denn dann ist die Einziehung der unrechtmäßig erhaltenen Steuererstattungen nach dem Strafrecht ausgeschlossen. Daher ist unabdingbar, daß zukünftig jede Art von illegaler Steuergestaltung, -verkürzung und -hinterziehung mit allen nationalen Mitteln bekämpft werden muß. Dazu braucht die Bundesregierung weiterhin Druck, und ihr muß dabei kritisch auf die Finger geschaut werden.






Kay Gottschalk ist AfD-Bundestagsabgeordneter und Mitglied im Finanzausschuß.