© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 07/20 / 07. Februar 2020

Erst Bildung eröffnet Ausbildung humane Perspektiven
Freiräume für Logik der Forschung
(dg)

Müssen sich die Universitäten neu erfinden, als Orte nicht der Bildung, sondern der Ausbildung für den globalen Arbeitsmarkt? Für den emeritierten Bonner Erziehungswissenschaftler Volker Ladenthin ist das eine falsche Alternative, wie sie leider aus den hochschul- und bildungspolitischen „Reformkonzepten“ seit der Jahrtausendwende resultiere. Anders als in der Antike, wo Aristoteles lehrte, Ausbildung beziehe sich auf das „Was und Wie“ der Sklaven obliegenden Alltagsarbeit, Bildung hingegen auf die ihren Herren vorbehaltene Reflexion des „Wozu“, sei dieser Gegensatz in der Moderne aufgehoben. Solange etwas übrig sei von Wilhelm von Humboldts Universitätsidee gehöre die Frage nach dem Wozu „in jede Lehrveranstaltung“. Bei Humboldt gebe es keine fachwissenschaftliche Ausbildung, die ohne Bildung, ohne die Einbindung des Spezialwissens ins Allgemeinwissen auskomme. Erst Reflexionen darüber, wie Wissenschaft der Humanität und Sittlichkeit dienen könnte, verwandelten Ausbildung in Bildung. Werde dies in marktkonformen, auf „Berufsorientierung“ fixierten Curricula vernachlässigt, drohe nicht weniger als die Gefahr des internationalen Bedeutungsverlustes deutscher Universitäten. Moderne Gesellschaften brauchen einen Ort, an dem „zweckfreie“ Lehre und Forschung in Freiheit von ökonomischen Zwängen und „lauter Praxisanforderungen“ ihrer eigenen Logik folgen dürfen. „Andernfalls können deutsche Universitäten nicht mehr weltweit wissenschaftlich relevante Themen setzen. Sie verlören sogar recht bald den Anschluß an die internationale Entwicklung“ (Forschung &Lehre, 1/2020). 


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