© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 07/20 / 07. Februar 2020

Umwelt
Olafs Restmüll
Paul Leonhard

Der Gang zum Bäcker ist risikobehaftet. Wie die Verkäuferin sollte der Kunde Zellophanhandschuhe tragen, denn schließlich bekommt er – wegen der Steuergerechtigkeit, so Finanzminister Olaf Scholz – seit Januar zum Brot auch einen Bon ausgehändigt. Dieser fühlt sich seltsam an, Supermarktkunden lassen ihn viele schon seit Jahren im Einkaufswagen liegen, so nicht ein Warenumtausch ins Auge gefaßt wird. Nur am Parkautomaten kann man nicht anders: Der Beleg muß unter die Frontscheibe gelegt werden. Umwelt- und menschenfreundlich ist das aber nicht, denn dieses Thermopapier ist mit dem „besonders besorgniserregenden Stoff“ Bisphenol A (BPA) beschichtet, warnt nun das Umweltbundesamt (UBA). Schon wer aus Wut über die neue Verordnung (JF 48/19) das Papier zerknüllt, nimmt eine schädliche Menge BPA über die Poren auf. Und die Bons gehören auch nicht in die Papiertonne, sondern in den Restmüll, so das UBA.

Phenolhaltige Kassenbons gehören nicht in die Papier-, sondern in die Restmülltonne.

Das hat die EU-Kommission erkannt und daher festgelegt, daß Thermopapier die Substanz nicht mehr enthalten darf. Dafür wird Biphenol S eingesetzt. Doch auch BPS beeinträchtige Sexualfunktionen und Fruchtbarkeit. Und selbst wenn es dann – trotz Kassenbonkontakt – geklappt hat, störe es die Baby-Entwicklung im Mutterleib, warnen US-Studien. Das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) schlägt Alarm: Kinder sollten nicht mit Thermopapierzetteln spielen oder sie gar in den Mund nehmen. Allerdings ist deren Gefährlichkeit noch nicht exakt nachgewiesen. Während der Gesetzgeber daher mit einem Verbot zögert, sieht das BfR ein mit BPA „vergleichbares Gefährdungspotential“. Der Aldi-Bon verspricht daher schon jetzt, „aus komplett phenolfreiem Thermopapier hergestellt“ zu sein. Bei der Konkurrenz hilft nur Händewaschen. In Frankreich hingegen wird die Bonpflicht für Beträge bis zehn Euro im Herbst abgeschafft. Ab 2022 sind es 30 Euro.