© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 07/20 / 07. Februar 2020

Der Flaneur
Abenteuer Autobahn
Elke Lau

Die Autobahn im Südwesten ist stark befahren. Eine Großbaustelle von mehr als zwanzig Kilometern verhindert schnelles Vorankommen. Wir bleiben geduldig rechts, als unvermittelt ein bisher ruhig vor uns fahrender Kleinwagen ausschert. Der Fahrer der abgedunkelten S-Klassenlimousine mit aufgemotzten Felgen auf extrabreiten Reifen links neben uns steigt voll in die Eisen. Rauchschwaden vernebeln das Umfeld. Wahrscheinlich haben die Reifen des Luxusschlittens jetzt vier Glatzen. 

Ungerührt setzt der Kleinwagen seine Fahrt fort, und wir verlieren beide Fahrzeuge aus den Augen. Hut ab vor dem Reaktionsvermögen des Bremsers, er hat uns und andere Verkehrsteilnehmer vor einem Unfall bewahrt.

Etwas verunsichert wählen wir den Notruf und schildern unsere Beobachtungen.

Später im dichten Verkehr nähern wir uns im Schrittempo einem Nothaltepunkt unter einer Brücke. Vor dem Kleinwagen parkt die S-Klasse. Deren Fahrer drischt wie wild mit einem Wagenheber auf das Seitenfenster der „überdachten Zündkerze mit Hupe“ ein, splitterndes Glas fliegt durch die Luft. 

Einige Zeit danach, die Autobahn ist wieder freier, wundern wir uns über drei Männer, die einen steilen Abhang hinunterklettern. Merkwürdig, wo wollen die denn hin? Wir vergessen den Vorfall, bis das Radioprogramm durch eine Ansage des Bayerischen Rundfunks unterbrochen wird: „Banküberfall in Nürnberg. Drei Täter auf der Flucht, könnten in Richtung Autobahn unterwegs sein. Sachdienliche Hinweise ...“

Etwas verunsichert wählen wir den Notruf und schildern unsere Beobachtungen. Polizeibeamte melden sich danach und fragen nach weiteren Einzelheiten.  

Wir wissen nicht, ob unsere Hinweise hilfreich waren, sind aber erstaunt, wieviel das Unterbewußtsein in Sekundenschnelle abspeichern kann: Farbe und Art der Bekleidung, Kopfbedeckung oder Haarfrisur, Bewegungsablauf usw. Hätten wir nicht für möglich gehalten.