© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 08/20 / 14. Februar 2020

Mit fanatischem Eifer
„Ende Gelände“: Wer sind die Hintermänner der Anti-Kohlekraft-Bewegung? Die Spuren führen ins linksradikale Milieu
Hinrich Rohbohm

Wer verbirgt sich hinter der ökoradikalen Gruppierung „Ende Gelände“? Die Bewegung legt großen Wert auf ihre Anonymität. Namen, Adressen, Treffpunkte: alles konspirativ. Warum das so ist, wird deutlich, wenn man sich näher mit den Hintermännern der Bewegung auseinandersetzt.

Schon beim Impressum des Internetauftritts der Bewegung beginnt die Geheimniskrämerei. Denn dieses, obwohl in Deutschland gesetzlich vorgeschrieben, existiert nicht. Besser gesagt, nicht mehr. Noch vor wenigen Wochen war das anders. Als für den Inhalt Verantwortliche war dort der Name Valentina Buliga zu lesen. Versehen mit einer Adresse in Chisinau, der Hauptstadt Moldawiens? Moldawien? Das Land ist in der Vergangenheit nicht gerade durch radikale Aktivitäten selbsternannter Klimaschützer aufgefallen.

Wir hören uns in Hamburgs linker Szene um

Noch dubioser wird es, wenn man recherchiert, wer sich hinter der angegebenen Adresse verbirgt. Die weist nämlich den Sitz des moldawischen Sozialministeriums aus. Genauer gesagt, den der staatlichen Familienkasse. Mit anderen Worten: Es handelt sich um eine Adresse der moldawischen Regierung. Und Valentina Buliga?

Sie ist die ehemalige Arbeits- und Sozialministerin des Landes, war zudem stellvertretende Vorsitzende der dortigen sozialdemokratischen Partei PDM. Und weiß von nichts, das Impressum war ein Fake. Ein weiterer Gesetzesverstoß. Da die Internetseiten von „Ende Gelände“ nun ohne Impressum existieren, stellt sich um so mehr die Frage: Wer sind die Verantwortlichen? 

 Wir hören uns in Hamburg um, fragen uns durch die linke Szene im Hamburger Schanzenviertel, geben uns als Sprecher einer privaten Initiative aus, die eine Kampagne von „Ende Gelände“ finanziell unterstützen möchte und nun einen Verantwortlichen der Gruppe sucht, um in Erfahrung zu bringen, wo Hilfe am meisten benötigt wird. Wir bekommen ein Treffen genannt. Von- Melle-Park, Uni Hamburg.

Hier treffen sich die sogenannten Aktivisten von „Ende Gelände“ regelmäßig. Wir warten ab. Bis nach dem Treffen. Dann folgen wir einem der „Aktivisten“. Später sprechen wir ihn an. Mißtrauisches Mustern. Beim Thema Geld für „Ende Gelände“ taut das Eis. „Keine Ahnung, aber Tadzio ist da doch der große Macher.“ Tadzio? „Der organisiert jedenfalls die Klimacamps.“ Wir recherchieren. Und werden fündig.

 Bei „Tadzio“ handelt es sich um Tadzio Müller einen der maßgeblichen Mitgründer von „Ende Gelände“. Und die Spur führt die JF zur Rosa-Luxemburg-Stiftung, der parteinahen Stiftung der Linkspartei.

Tadzio Müller, arbeitet dort als sogenannter „Referent für Klimagerechtigkeit“ für die Stiftung. Er ist zudem für das Online-Magazin Klimareporter tätig, einem in Berlin ansässigen Medienbüro, das etablierte Medien regelmäßig mit Geschichten zu Klimaschutz-Themen versorgt. Und tatsächlich ist Müller auch Sprecher von Climate Justice Action. Eine linksradikale, international agierende Gruppierung, die sogenannte Klimacamps organisiert und somit eine wichtige Anlaufstelle und Infrastruktur für Klimademos darstellt. 

 Zum Trägerkreis von Climate Justice Action zählen diverse Organisationen der linksradikalen Szene. Seite an Seite agieren sie mit etablierten Umweltschutzorgansiationen. Die Interventionistische Linke (IL) gehört ebenso dazu wie der Sozialistische Deutsche Studentenbund (SDS), das Klimakollektiv und Attac. Gemeinsam mit der Grünen Jugend, dem BUND, Fridays for Future und dem Naturschutzbund (NABU).

 Als Unterstützer von Climate Justice Action wiederum ist auch die weltweit agierende „Fossil Free“-Kampagne mit von der Partie, die einen Ausstieg aus sämtlichen Kohle-, Öl- und Gasprojekten einfordert. Die Kampagne wird von zahlreichen lokalen Vor-Ort-Gruppen getragen. Unter anderem in Göttingen. Ihre Sprecherin dort: Das Gesicht der deutschen „Fridays for Future“-Bewegung, Luisa Neubauer, die schon 2017 für Fossil Free aktiv gewesen war. 

 Auch die Internetseiten von „Fossil Free“ verfügen über kein Impressum. Als Ansprechpartnerin der Kampagne fungieren Tine Langkamp und Kate Cahoon. Langkamp bezeichnet sich bei Fossil Free als „Senior Germany Organiser and Campaigner“.

Pressesprecherin stammt aus der Grünen Jugend

Gleichzeitig arbeitet sie hauptamtlich als Koordinatorin für die internationale Klimaschutzorganisation 350.org, für die Luisa Neubauer ebenfalls schon vor dem Aufkommen von „Fridays for Future“ aktiv war.

Ziel von 350.org ist der Aufbau einer weltweiten Graswurzelbewegung zum Klimaschutz. Die Organisation zählte zu den entscheidenden Initiatoren des globalen Klimastreiks vom 20. bis 27. September vorigen Jahres. 

 Kate Cahoon, die ebenfalls als „Campaignerin“ für 350.org arbeitet, gehört gleichzeitig der Linkspartei, der Rosa-Luxemburg-Stiftung sowie dem Bündnis für sexuelle Selbstbestimmung an. Bei letzterem handelt es sich um ein von der Bildungsgewerkschaft GEW, Pro Familia sowie von SPD, Grünen und Linkspartei getragenes Bündnis für Abtreibung, das regelmäßig gegen den von Lebensschützern organisierten Marsch für das Leben agitiert.

 Auch die formelle Sprecherin von „Ende Gelände“ bleibt anonym. Der Öffentlichkeit stellt sie sich stets unter ihrem Pseudonym Nike Mahlhaus vor. Angeblich, um sich vor Strafverfolgung und Haßkommentaren im Internet zu schützen. Daß die Abgrenzung von „Fridays for Future“ zur gewaltbereiten „Ende Gelände“-Bewegung nichts als eine Farce ist, macht auch ein Interview deutlich, das beide gemeinsam Ende November vorigen Jahres der taz gaben. 

Tenor: „Wir lassen uns nicht spalten.“ Näher geht es kaum noch. Wie eng „Ende Gelände“ mit anderen themenbezogenen linksradikalen Projekten verbunden ist und mit welch einem fanatischen Eifer die Gruppe vorgeht, zeigt sich wie bei Cahoon auch bei Mahlhaus. „Wir hätten gern, daß Geschlecht keine Rolle spielt, aber in dieser Welt leben wir noch nicht“, hatte sie im Juni vorigen Jahres erklärt.

 Bei „Ende Gelände“ hatten sie eine Medienanalyse bei ihren Presseteams durchgeführt. Und dabei will man festgestellt haben, daß trotz ähnlicher Redeanteile männliche Pressesprecher deutlich öfter von den Medien zitiert worden seien. Die Folge war ein Beschluß der Gruppierung, künftig nur noch weibliche Pressesprecher zu beschäftigen. 

 Gut möglich, daß so auch Kathrin Henneberger ins Spiel kam. Bei der derzeitigen Pressesprecherin von „Ende Gelände“ handelt es sich um die ehemalige Bundessprecherin der Grünen Jugend. Die gebürtige Kölnerin vertrat die Organisation auch im Koordinierungskreis der linksradikalen Attac-Bewegung. Wie Tadzio Müller ist auch sie als Autorin für das Online-Magazin Klimareporter tätig.

 Und dann ist da noch die Interventionistische Linke, die „Ende Gelände“ nach Erkenntnissen des Verfassungsschutzes maßgeblich beeinflußt und als Scharnier zwischen linksautonomen Gruppen und den Gemäßigteren der sogenannten Klimaschützer fungiert. Das Ziel: Möglichst viele, vor allem junge Menschen für linksradikale Themen zu gewinnen. „Mit ‘Ende Gelände’ haben wir ein unglaublich großes Ding geschaffen“, hatte die IL bereits 2016 auf ihrer Homepage geschrieben. Und beim Hamburger Schulstreik von „Fridays for Future“ im Frühjahr 2019 twitterte Emily Laquer, führender Kopf der IL: „Wer hätte gedacht, als wir 2008 das erste Klimacamp nach Deutschland holten, daß schon elf Jahre später eine neue Generation von AktivistInnen den Kohleausstieg durchsetzt.“ Jene Klimacamps, die von Climate Justice Action organisiert werden.