© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 09/20 / 21. Februar 2020

Grüße aus Las Vegas
Die Sprache verschlagen
Elke Lau

Der eigentliche Grund unserer Reise nach Las Vegas ist der Besuch der berühmten Show „Cirque du Soleil“, aber auch die widersprüchlichen Beschreibungen dieser Wüstenstadt hatten  ihren Reiz.

Als wir nun erwartungsvoll unsere pyramidenförmige Herberge betreten, sind wir nicht im entferntesten auf diesen Anblick vorbereitet: Eine abgedunkelte Katakombe in der Größe mehrerer Fußballfelder beherbergt Tausende Spielautomaten, Bekleidungs- und Schuhgeschäfte, Reiseagenturen, Pizza- und Burgerläden. Auch das Publikum ist gewöhnungsbedürftig. Übergewichtige, tätowierte junge Frauen in Bikinis, torkelnde, rasterlockenbezopfte Jünglinge, Uhus (Unter-Hundertjährige) in knappen Shorts und Basecap.

Wir sind geblendet vom Licht, das bombastische Bauten bis in den Himmel umhüllt.

Wir befreien uns vom Gepäck und bummeln bei dreißig Grad im Schatten und schneebedeckten Bergen am Horizont den Sunset Strip entlang, bewundern Wasserfontänen, die sich nach klassischer Musik taktgenau bewegen, streifen durch einige der berühmten Hotels wie das legendäre „Cesar’s“ oder das originalgetreue „New York“ mit seinen zünftigen Gaststätten aus aller Herren Länder.

Alle Hotels haben eins gemeinsam: unzählige piepende und sprechende „Slotmachines“, an denen korpulente Amerikanerinnen mit  Lockenwicklern die Tasten der Spielautomaten bedienen. Früher wurde viel Zeit mit dem Einwurf von Geldstücken verplempert, heute laden die Leute per Kreditkarte einen Spielchip.

Am späten Nachmittag finden wir uns am Hotel Bellagio, der Spielstätte des Cirque du Soleil, ein. Ein Volltreffer. Die Show stellt  alles in den Schatten, was wir je in unserem Leben gesehen haben. Die Begeisterung hat uns fast die Sprache verschlagen, und der Weg durch das nächtliche Las Vegas besorgt nun den Rest. Wir sind geblendet vom Licht der bombastische Bauten, so daß wir uns in eine ferne Galaxie versetzt fühlen.

Am nächsten Morgen kaufen wir einen Bagel in einem der Freßtempel und entdecken einen Spielautomaten alter Prägung. Der akzeptiert nur 10-Cent-Stücke. Ich finde noch eins, stecke es in den Schlitz und Sekunden später klackert der Jackpot in die Schale. Es sind zweihundert Dimes.

Die Ernüchterung folgt auf dem Fuß. Weder Bank noch Wechselstube sind bereit, die Geldstücke in Scheine umzutauschen. So drücke ich unseren Hauptgewinn einem beinamputierten Bettler in die Hand, der verdutzt auf den Beutel schaut.