© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 09/20 / 21. Februar 2020

Sie steht für ihren Glauben ein
Authentisch konservativ: Gloria von Thurn und Taxis wird sechzig
Matthias Matussek

Eine fröhlichere und selbstbewußtere Katholikin von Adelsgeblüt läßt sich nicht denken als Fürstin Gloria. Was für ein passender fröhlich- frommer Strahl- und Sternenname übrigens, einer von zahlreichen Vornamen und dahinter kommt noch die adlige Schleppe derer „von Thurn und Taxis“, die einst das Postwesen monopolisierten und unendliche Wälder und Ländereien ihr eigen nannten. 

Kaum zu glauben, daß dieses blaublütige Energiebündel mit der bayerischen Geradeaus-Goschn nun bereits 60 Jahre wird. Da ihr Vater Graf von Schönburg-Glauchau Auslandskorrespondent war, wuchs sie teils in Togo, teils in Somalia auf, sie kennt also den dunklen Kontinent, was ihr später (2001) zupaß kam, als es um den „Preis der beleidigten Zuschauer“ ging – den nämlich erhielt sie für ihre berühmt gewordene Aussage in einer Talkshow-Diskussion zu Überbevölkerung und Aids: „Der Schwarze schnackselt gerne.“ 

Allerdings sollte das nicht die einzige Auszeichnung bleiben, fünf Jahre später folgte das Verdienstkreuz 1. Klasse der Bundesrepublik Deutschland, 2008 wurde ihr (endlich möchte man rufen) der „Orden wider den tierischen Ernst“ verliehen und im gleichen Monat Januar „Der Orden vom Goldenen Durchblick“.

Einige Monate später – Tempowechsel! – wurde sie von Papst Benedikt zur Komturdame mit Stern des „Päpstlichen Ritterordens des heiligen Gregors des Großen ernannt – von jenem Papst also, den sie die Antwort auf ihre Gebete nannte. Die einstige Benedikterinnenschülerin Gloria hatte ihren Fürsten Johannes als 20jährige geehelicht und war einige Jahre lang damit beschäftigt, als „Princess of Punk“ mit schrillen Frisuren und wilden Roben den internationalen Pop-Jet-Set zu illuminieren und drei Kinder in die Welt zu setzen. Das Fromme und das Wilde, das Pubertäre und das Weise waren auf die eigenartigste Art gleichzeitig vorhanden in dieser zarten Person wie auf einem Mischpult, auf dem die unterschiedlichen Regler hoch und runter gezogen werden. Doch als ihr Mann starb, 1990, entdeckte sie ganz neue Melodien in sich: Alleinerziehende von drei Kindern in einem stark überschuldeten Millionenbetrieb, den sie mit eiserner Disziplin erfolgreich sanierte. Sie entdeckte ihren Gottesglauben neu und die Kraft, die daraus erwächst.

Die wilden Jahre sind gelebt, aber die unbändige Fröhlichkeit ist geblieben, das herzliche, ansteckende Lachen, und diese frappierende, wohl nur im Hochadel denkbare instinktsichere Geradeaushaftigkeit und Wurschtigkeit. 

Ich hatte das Vergnügen, mit ihr gemeinsam im März 2011 für den Glauben zu streiten auf einem Podium im Rahmen des Debattenformats Disput Berlin, These: „Ohne Glauben wäre die Welt besser dran“. Überflüssig zu sagen, daß wir nach Abstimmung durch das Publikum den Sieg für uns verbuchen konnten. Und das im atheistischen „failed state“ Berlin! Yesss!

Im März vorigen Jahres war sie Sprecherin des Weltfamilienkongresses in Verona, laut Wikipedia ein „Treffen ultrakonservativer Christen“, von dem sich „der Vatikan distanzierte“ und gegen das es „massive Proteste gab“ – es scheint sich also um eine sehr vernünftige und wichtige Veranstaltung gehandelt zu haben, nach allem, was man mittlerweile über planmäßige Wirklichkeitsverzerrungen von Wikipedia-Autoren herausgefunden hat.

Auf Papst Franziskus ist sie nicht gut zu sprechen

In letzter Zeit hat die Fürstin Schlagzeilen gemacht, weil sie Donald Trump an ihr Herz gedrückt hat, da er der einzige sei, der konsequent gegen die Abtreibungsindustrie in den USA vorgehe. „Die einzigen beiden Menschen auf der Welt, die uns heute Klarheit geben, sind Donald Trump und Gerhard Ludwig Müller“, sagte sie. Kardinal Müller, früher Bischof von Regensburg, ist der von Papst Franziskus geschaßte Chef der Glaubenskongregation. 

Auf Papst Franziskus ist sie nicht gut zu sprechen. Sie rief ihn, mit anderen zusammen, in einer Petition zu öffentlicher Buße auf, nachdem er während der Amazonas-Synode Schamanen aus dem Regenwald eingeladen hatte, zu Ehren ihrer Göttin „Pachamama“ auf dem Gelände des Vatikan ihre Rituale und Rauchopfer zu feiern. Sie zog diese Aufforderung nach Rücksprache mit ihrem Ortsbischof Voderholzer zurück. Im übrigen hat der Papst die Amazonas-Synode genutzt, um den Kirchenfeinden aus Deutschland alle Lockerungsflausen auszutreiben, was das Zölibat und das Frauenpriestertum angeht – er ist, als Jesuit, eben für jede Überraschung gut. „Jesuiten“, so die Fürstin, „haben ihre eigene Art der Evangelisierung.“

Fürstin Gloria hat es geschafft, zur Marke zu werden. Authentisch, unbekümmert, konservativ. Sie betreibt mittlerweile eines der wichtigsten Musikfestivals im Park ihres 500-Zimmer-Schlosses Emmeram sowie ein Museum. Zur sonstigen Traditionspflege gehört eine tägliche Suppenküche für 300 Arme, eine Institution, die es seit hundert Jahren gibt; eine Tradition, die mit dem altmodisch klingenden Wort „Wohltätigkeit“ benannt werden kann.

Außerdem aber ist sie so etwas wie ein frommer „Rowdy“, als den sie sich in einer Diskussion mal bezeichnete. Mit ihrem auf wundervollste Weise reaktionär-katholischen Sender Gloria-TV setzt sie sich für den Lebensschutz ein und treibt Reporter von Spiegel-TV die Wände hoch, so daß sie nur noch schnappatmen können: „katholischer Pranger“, „frommer Fanatismus“ usw. 

Wie wenig sie das kratzt! Sie steht für ihren Glauben ein, der das Tötungsverbot enthält, und jede Abtreibung ist nun mal eine. Ja, Fürstin Gloria ist tief religiös, sie geht täglich zur Messe, wobei sie keinen weiten Weg zurückzulegen hat, denn die Benediktiner-Kapelle ist im Haus.

Zu ihrem Stab gehört seit 2018 Prälat Wilhelm Imkamp, der zuvor fast 30 Jahre lang den bayerisch-schwäbischen Wallfahrtsort Maria Vesperbild geleitet hat und nun unter anderem als Hofbibliothekar arbeitet und die Stipendiaten der hauseigenen Franz-Marie-Christinen-Stiftung betreut. Auch Imkamp – ich konnte mich davon überzeugen –, der Autor des Buches „Sei kein Spießer, sei katholisch“, wurde von der Fürstin in Bann geschlagen. Er bewirtete mich einst, in Maria Vesperbild, mit einer Magnum-Schampus-Flasche.

In einem hat sie wohl recht, die Fürstin: Wir sind in einer Entscheidungsschlacht zwischen Islam und Christentum. Und wir sollten unsere östlichen christlichen Freunde als Verbündete in dieser Schlacht sehen, nicht als ideologische Gegner.