© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 09/20 / 21. Februar 2020

Deutsch wird diskriminiert
EU: Brüssel bevorzugt die englische Sprache
Thomas Paulwitz

Trotz oder vielleicht gerade wegen der deutschen Wiedervereinigung drängte in der Europäischen Union (EU) das Englische seit 1990 die beiden Sprachen Deutsch und Französisch immer weiter an den Rand. Beschwerden darüber verhallten in all den Jahren ungehört. Mit dem jetzt erfolgten Austritt Großbritanniens aus der EU gibt es nun eigentlich erst recht keinen Grund mehr für die EU-Kommission, die englische Sprache weiterhin einseitig zu bevorzugen und die deutsche Sprache zu benachteiligen.

Deutsch ist in vier EU-Staaten (Deutschland, Österreich, Belgien, Luxemburg) und in Südtirol Amtssprache, Englisch nur noch in zwei Kleinstaaten: Irland und Malta. Fast zwanzig Prozent der Bürger in der EU haben Deutsch als Muttersprache: Deutsch wird von rund 90 Millionen EU-Bürgern als Muttersprache gesprochen, Englisch – nach dem EU-Austritt – nur noch von rund fünf Millionen. Nimmt man Muttersprachler und Fremdsprachler zusammen, sprechen jeweils rund ein Drittel der EU-Bewohner Deutsch und Englisch.

Bundesregierung bleibt tatenlos

Sprachschützer fordern schon seit langem, auf die Selbstverständlichkeit hinzuwirken, daß sämtliche Veröffentlichungen der EU vollständig auch auf deutsch vorliegen müssen. Auf zahlreichen Ebenen ist Englisch zur Zeit noch die einzige Arbeitssprache in der EU. Unterlagen zur Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik (GASP) sind meist ausschließlich auf englisch.

In 99 Prozent aller Sitzungen bei Kommission, Rat, EU-Ausschüssen und EU-Agenturen wird ins Englische, in 75 Prozent ins Französische und in 60 Prozent ins Deutsche gedolmetscht. Bundestagsabgeordnete müssen außerdem häufig über schwierige EU-Vorlagen abstimmen, die zu weiten Teilen nicht in deutscher Sprache, sondern auf englisch abgefaßt sind.

Vor allem durch die Brüsseler EU-Kommission wird die deutsche Sprache diskriminiert. Der Bundestag hat darum die Bundesregierung mehrmals dazu aufgefordert, die EU-Kommission auf ihre Übersetzungspflicht hinzuweisen; leider erfolglos, denn die Bundesregierung weigert sich offensichtlich bis heute, eine stärkere Rolle für die deutsche Sprache in der EU durchzusetzen.

Thomas Paulwitz ist Historiker und Schriftleiter der von ihm mitbegründeten, vierteljährlich in Erlangen erscheinenden Zeitung Deutsche Sprachwelt.

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