© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 09/20 / 21. Februar 2020

Blick in die Medien
Transparent ist anders
Tobias Dahlbrügge

Ernüchterung und Aufregung waren groß beim Berliner Verlag, als heraus kam, daß der neue Besitzer Holger Friedrich in der DDR für die Staatssicherheit aktiv war (JF 49/19). Die frühere Leiterin der Stasi-Unterlagenbehörde Marianne Birthler und der Historiker Ilko-Sascha Kowalczuk empfahlen in einer internen Analyse, die Veröffentlichung der Akten, um Transparenz herzustellen. 

Voller Elan kündigten Jochen Arntz und Elmar Jehn, die Chefredakteure von Berliner Zeitung und Berliner Kurier, an, Friedrichs Rolle rückhaltlos aufzuklären und offenzulegen. Fünf Reporter seien damit beschäftigt. Nun sind Arntz und Jehn weg. Die beiden reputierten Vollblut-Journalisten widmen sich mit sofortiger Wirkung „neuen Aufgaben“, wie der Verlag lapidar mitteilte.

Chef beider Blätter wird Mat­thias Thieme, der erst Anfang des Monats als Leiter für die Online-Redaktion eingestellt worden war – eine Machtdemonstration des neuen Inhabers und des Herausgebers Michael Maier.

Die Aufarbeitung der Stasi-Vergangenheit scheint im Sande zu verlaufen.

Die von der Redaktion ursprünglich angekündigte Auseinandersetzung mit dem Thema, die sogar von Diskussionsveranstaltungen begleitet werden sollte, scheint im Sande zu verlaufen. Bisher ist in beiden Blättern jedenfalls kein Auszug aus der IM-Akte  erschienen. 

Im Gegenteil: Friedrich geht juristisch gegen den früheren Direktor der Gedenkstätte Berlin-Hohenschönhausen, Hubertus Knabe, vor. Der hatte die Akte analysiert und bei Focus Online Friedrichs Version widersprochen, aus einer Notlage heraus gehandelt zu haben. Friedrichs Anwalt spricht von „unwahren Behauptungen“ und forderte daraufhin mehrere Unterlassungen. 

Historiker Knabe bezeichnet das Vorgehen als „gezielten Einschüchterungsversuch“. An Transparenz und Aufarbeitung besteht beim Berliner Verlag offensichtlich kein Interesse mehr.