© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 10/20 / 28. Februar 2020

Streit über Beitragsrabatt für die EU-Nettozahler
Schachern bis zuletzt
Joachim Starbatty

Jedesmal dasselbe: Die Nehmerländer wollen mehr Geld, maßgebliche Geberländer wollen das EU-Budget wie bisher auf ein Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) der Mitgliedsländer beschränken. Das EU-Parlament ist derweil auf der Seite der Nehmerländer, weil damit auch dessen Einfluß anstiege. Die Agrar- und die Kohäsionspolitik binden etwa 80 Prozent der Haushaltsmittel. Sie heben das sektorale und regionale Einkommen, stellen aber nicht auf die Wettbewerbsfähigkeit EU ab.

Wenn die EU technologisch nicht abgehängt werden will, müssen die Haushaltsmittel umgeschichtet werden. Der derzeitige Ratspräsident, Charles Michel, sucht nach einem Mittelweg: vorsichtige Kürzungen bei Agrar- und Kohäsionsausgaben, dafür aber mehr Geld für Zukunftsfelder, jedoch nicht mehr als 1,07 Prozent des EU-BIP. Noch sperren sich vor allem die Nehmerländer, weil sie ihre Bauern bei Laune halten wollen. Verständlich, aber kurzsichtig. Schwindet die Wettbewerbsfähigkeit der EU, dann bringt auch ein höherer Prozentsatz weniger, weil der Kuchen kleiner wird. Aber das ist typisch für die EU-Politik: Alle Regierungschefs beschwören das Gemeinsame. Wenn es dann ans Verteilen geht, wird um nationaler Vorteile willen geschachert.






Prof. Dr. Joachim Starbatty ist Wirtschaftswissenschaftler und war bis 2019 Abgeordneter des EU-Parlaments.