© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 10/20 / 28. Februar 2020

DVD: Berliner Ballade
Leben in Trümmern
Werner Olles

Die gespenstischen Ruinenstädte Deutschlands lieferten nach dem Krieg den Stoff zu einer neuen Filmart, dem „Trümmerfilm“. Während die ersten deutschen Nachkriegsfilme noch düster und pessimistisch waren wie Wolfgang Staudtes „Die Mörder sind unter uns“ (1946) oder Wolfgang Liebeneiners „Liebe 47“ (1949), drehten Regisseur R. H. Stemmle („Charleys Tante“, 1934, „Emil und die Detektive“, 1954) und Günter Neumann (Drehbuch) ihre „Berliner Ballade“ (1948), die unter anderem wegen ihrer expressionistischen Kameraeinstellungen Aufsehen erregte.

Der Film sollte die Gemütsverfassung des „Trümmermenschen“, sein irrationales Dasein und seinen unbändigen Lebenswillen darstellen. Der Held dieser unheroischen Ballade war Otto Normalverbraucher (Gert Fröbe), der in allen Zumutungen und Widerwärtigkeiten auch das Komische und Lächerliche sah. 

Otto Normalverbraucher kehrt 1949 aus der Gefangenschaft nach Berlin zurück und erlebt die Nachkriegsrealität mit ihrer Mangelsituation und Mühsal. Seine Wohnung ist inzwischen bewohnt von einer Frau, die eine Partnerschaftsvermittlung betreibt, während andere Menschen mit Schiebereien ihr Geld verdienen. Otto kann sich nur schwer an das Warten, den Ämtermarathon und das vom ständigen Anstellen geprägte Leben gewöhnen. So schläft er die meiste Zeit und sieht sich in seinen Träumen vor einem reichhaltigen Küchenbüfett sitzen, wo ihm eine liebreizende Blondine Torten serviert. Als ihm der von Hunger und Mängeln gepägte Alltag immer mehr aufs Gemüt schlägt, beginnt er, seine Möbel und gesamte Habe zu verkaufen, um an Essen zu kommen. Dann lernt er die Kellnerin Eva kennen …

Stemmles Film ist eine witzige, melancholische und doch optimistische Bestandsaufnahme des geistigen und politischen Klimas jener Zeit und präsentiert neben dem damals noch hageren Gert Fröbe eine Riege deutscher Schauspieler, die sich sehen lassen kann: O.E. Hasse, Aribert Wäscher, Erik Ode, Karl Schönböck und Brigitte Mira. Produziert von Heinz Rühmann, begleitet ein Erzähler die Handlung aus dem Off mit ironischen Pointen. Als Bonus gibt es ein Beiheft, eine Dokumentation über den Film und ein Interview mit Gert Fröbe.

DVD/Blu-ray: Berliner Ballade. Filmjuwelen 2020, Laufzeit 85 Minuten