© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 11/20 / 06. März 2020

Grüße aus Bern
Vergoldete Nummern
Frank Liebermann

Als ich letztens mein Auto abstellte, wies mich ein aufmerksamer Nachbar darauf hin, daß mir ein Nummernschild fehle. Ein kurzer Blick zeigte mir, er hatte recht. Das vordere war irgendwie verlorengegangen. Leider hatte ich keine Ahnung, wie und wann es abhanden kam. Leichte Panik keimte in mir auf, da ich nicht so recht wußte, welchen administrativen Aufwand so etwas in der Schweiz nach sich zieht.

Eine kurze Recherche im Internet zeigte mir, daß alles gar nicht so schlimm ist, wie ich befürchtete. Wenn nur ein Schild fehlt, sind die Behörden nämlich kulant. Mit einem Onlineformular meldete ich meinen Verlust und bestellte ein neues Schild.

Manche Autofahrer investieren ein kleines Vermögen in ihr Kennzeichen.

Nun muß man wissen, daß für viele Schweizer die Nummernschilder etwas fast Heiliges sind. Manche Autofahrer investieren ein kleines Vermögen in ihr Kennzeichen. Meines hat die Nummer BE, gefolgt von einer sechsstelligen Zahl, die mit einer Fünf beginnt. Was sagt das über mich aus? Daß ich noch nicht allzu lange in Besitz eines Schweizer Fahrzeugs bin und meine Nummer furchtbar billig ist. Je länger eine Nummer, desto teurer ist sie nämlich. Einstellige Nummernschilder sind je nach Kanton einige zehntausend Franken wert. Schicke Nummern, wie zum Beispiel die 100.000, lassen sich ebenfalls vergolden. Ein lebhafter Handel unter den Besitzern ist hier möglich.

Allerdings langt auch der Kanton kräftig zu. Wenn Privatpersonen solche Nummern tauschen, kassiert er nicht nur die normalen Beträge, sondern gönnt sich eine Extrabgebühr, die bis zu einigen hundert Franken reichen kann. Das Straßenverkehrsamt Bern ist hier sehr modern. Mit einer Versteigerungsplattform kann jeder auf tolle Nummern bieten, wenn diese wieder an die öffentliche Hand zurückfallen. Elektronisch lassen sich Maximalgebote festlegen, so wie bei Ebay.

Wieviel Geld sich mit so etwas machen läßt, hat der Kanton St. Gallen gezeigt. Mit einer Versteigerung wurden beachtliche Summen erzielt. Das Kennzeichen SG 1 erzielte einen Betrag von 135.000 Franken. Den Rekord hält jedoch das Nummernschild ZG 10 aus dem Kanton Zug, für das ein unbekannter Bieter 230.000 Franken hinblätterte.

Ich bleibe weiter bei meinem Billigkennzeichen. Für 30 Franken bekomme ich innerhalb einer Woche ein neues ausgestellt. Solange darf ich mit einem ausgedruckten Papierschild in der Frontscheibe durch die Gegend fahren.