© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 11/20 / 06. März 2020

Dämpfer für Mafia, Korruptionsnetzwerke und Globalisten
Slowakei: Sieg für die Protestpartei des Ex-Unternehmers Igor Matovi? / Bisherige Links-Rechts-Koalition abgestraft / Ungarn ohne Vertretung im Parlament
Mária Pešeková

Vor 21 Jahren gegründet und seit 16 Jahren fast ununterbrochen an der Macht: Die linkspopulistischen Sozialdemokraten von Robert Fico wurden bei der Parlamentswahl am Samstag klar abgewählt. Die Smer-SD stürzte von 28,3 auf 18,3 Prozent ab. Ihre Koalitionspartner, die rechte Slowakische Nationalpartei (SNS) und die Ungarn-Partei Most-Híd flogen mit 3,2 bzw. 2,1 Prozent aus dem Nationalrat. Die Wähler hatten offenbar genug von Mafia-Verstrickungen und postkommunistischen Korruptionsnetzwerken (JF 10/20).

Klarer Wahlsieger wurde mit 25 Prozent (plus 14 Prozent) die Oppositionspartei „Gewöhnliche Leute und unabhängige Personen (O?aNO) des 46jährigen Ex-Medienunternehmers Igor Matovi?. Die 2011 von ihm gegründete „Protestbewegung“ setzte auf eine einfallsreiche und provokative Anti-Korruptions-Kampagne. Matovi? versprach „stabile Verhältnisse“ – und die Wahlergebnisse der politischen Konkurrenten sprechen theoretisch dafür.

Nur vier weitere Parteien schafften noch den Sprung ins Parlament, 21,5 Prozent der Wählerstimmen sind nicht vertreten – was der O?aNO 53 der 150 Parlamentsitze verschaffte. Und da Matovi? ideologisch flexibel ist, kann er sich die Koalitionäre aussuchen. Naheliegend wäre ein Bündnis mit der wirtschaftsliberalen SaS von Richard Sulík, die mit 6,2 Prozent auf 13 Sitze kam. Matovi? war 2010 als SaS-Kandidat erstmals ins Parlament gelangt, bis er ein Jahr später seine eigene Partei formierte. Auch die neue zentristische Partei „Für Menschen“ (Za ?udí) von Ex-Präsident Andrej Kiska (5,8 Prozent, 12 Sitze) wäre eine denkbare Option.

Schwieriger scheint eine Zusammenarbeit mit der rechtspopulistischen Partei „Wir sind Familie“ (Sme Rodina) des Unternehmers Boris Kollár (8,2 Prozent/17 Sitze). Dessen ungeschminkte Einwanderungskritik à la AfD, FPÖ, Salvini und Co. könnte bei künftigen Ministertreffen in Brüssel und bei internationalen Beobachtern für Unruhe sorgen. Völlig ausgeschlossen scheint eine Koalition mit den ultrarechten „Kotlebianern“, der Volkspartei Unsere Slowakei (?SNS) des Wirtschaftsingenieurs Marian Kotleba, die mit acht Prozent auf 17 Sitze kam. Der 42jährige Panslawist ist nicht nur ein Nostalgiker des ersten, mit dem Deutschen Reich verbündeten slowakischen Nationalstaates unter Jozef Tiso (1939 bis 1945), sondern auch Nato-Gegner. Zudem wurde voriges Jahr dem ?SNS-Abgeordneten Milan Mazurek vom Obersten Gericht das Parlamentsmandat entzogen. Der 26jährige hatte mit harschen Worten gegen die Zigeuner-Minderheit gehetzt.

Daß Wahlspenden von Philantropen, EU-begeisterte junge Anhänger und Medienpräsenz keinen demokratischen Wahlerfolg garantieren, mußte das globalistisch-grünbürgerliche Projekt „Progressive Slowakei – Zusammen“ (Spolu) erfahren: Mit 6,9 Prozent scheiterte die 2018 gegründete Sammelbewegung an der Sieben-Prozent-Hürde für Wahlbündnisse. Und das, obwohl auch die jetzige Staatspräsidentin Zuzana ?aputová dazugehört, Spolu bei der EU-Wahl 2019 20,1 Prozent erzielte und die Abgeordneten seither Mitglied in der Fraktion der Europäischen Volkspartei von CDU, CSU und ÖVP sind.

Auch die ungarische Minderheit ist in Schockstarre: Nicht nur die liberale Most-Híd scheiterte an der Fünf-Prozent-Hürde für Einzelparteien, sondern auch ihre konservative Traditionspartei MKP (3,9 Prozent). Damit sitzt erstmals seit der Staatsneugründung 1993 kein Ungar mehr im Preßburger Parlament.