© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 12/20 / 13. März 2020

Immer ein streitbarer Kämpfer
Jubiläum: Hans-Olaf Henkel war international tätiger Manager, Verbandspräsident, Hochschullehrer, Mäzen und Europapolitiker – nun feiert er seinen 80. Geburtstag
Oswald Metzger

Der Mann scheint über eine schier grenzenlose Energie zu verfügen, mit der er – manchmal unerbittlich – für seine Überzeugungen kämpft. Legendär ist vor allem sein Einsatz gegen die Weichwährung Euro und die angeblich so alternativlose Euro-Rettungspolitik. Hans-Olaf Henkel publizierte auf allen Kanälen, schrieb zu diesem Thema Bestseller, saß in der ersten Hälfte des vergangenen Jahrzehnts häufig dazu in TV-Talkrunden.

Er unterstützte FDP und Freie Wähler, doch mit seinem Engagement in der AfD, wo er mit den VWL-Professoren Bernd Lucke und Joachim Starbatty zu den wirtschaftsliberalen Euro-Kritikern zählte, begann dann nach und nach seine Verbannung aus den öffentlich-rechtlichen Medien. Henkel mußte sich sogar als Rassist titulieren lassen, als Steigbügelhalter einer rechtsradikalen Partei. Henkel ein Fremdenfeind? Der überzeugte Kämpfer für die Menschenrechte hat zu seinem 60. Geburtstag 150.000 D-Mark an Amnesty International mit der Bitte gespendet, „den Einsatz für die Rechte der Frauen, vor allem in der islamischen Welt, zu verstärken“. 2011 hat er den Berliner Appell initiiert, mit dem von der chinesischen Regierung die Freilassung des Künstlers Ai Weiwei gefordert wurde.

Mit dem Rechtsruck der AfD, der sich für ihn 2015 in der Abwahl von Lucke als Vorsitzendem manifestierte, trat Henkel aus der Partei aus. Sein Mandat im Europaparlament, das er 2014 errungen hatte, übte er aber bis zum Ende der Amtsperiode 2019 engagiert aus. Hier kämpfte er gegen den Brexit ebenso wie gegen den Versuch der Brüsseler Eurokraten, durch die Hintertür einen europäischen Zentralstaat zu formen. Er plädierte für ein föderales Europa, das auf der Souveränität seiner Mitgliedstaaten gründet, in dem der Wettbewerbsgedanke gelebt und das Subsidiaritätsprinzip hochgehalten wird.

Als überzeugter Föderalist war es ihm 2003 gelungen, Persönlichkeiten für den „Konvent für Deutschland“ zu gewinnen, der Vorschläge zur Verbesserung der Reformfähigkeit erarbeiten sollte. Roman Herzog, Klaus von Dohnanyi, Rupert Scholz, Otto Graf Lambsdorff und Peter Glotz waren dabei. Bei der Föderalismusreform I im vorletzten Jahrzehnt, die zu einer Entflechtung der Kompetenzen von Bund und Ländern führte, hatte der Konvent einen erkennbaren Einfluß.

Eine pointierte und laute Stimme der Wirtschaft

Henkel war Spiritus rector und mobilisierte aus der Wirtschaft erhebliche Spendensummen zur Finanzierung dieser Reformwerkstatt. Mit seinem Eintritt in die AfD schied Henkel beim Konvent aus. Nach dem Tod des langjährigen Vorsitzenden Roman Herzog beendete der Konvent seine Tätigkeit Ende 2017. Die erlahmende Reformdynamik in Deutschland, die sich auch in den Föderalismusreformen II und III niederschlug, wo statt föderaler Subsidiarität eine zentralstaatliche Machtverschiebung im Fokus standen, ließ den Konvent zum Schluß die „Bilanz eines ehrenhaften Scheiterns“ ziehen. Diese Schlußbilanz hätte sich auch Henkel sicher zu eigen gemacht.

In Hamburg als Halbwaise bei seiner Mutter und seinen Großeltern aufgewachsen, absolvierte Henkel nach der mittleren Reife zunächst eine Lehre zum Speditionskaufmann. Über den zweiten Bildungsweg studierte er an der Hochschule für Wirtschaft und Politik in Hamburg. Ab 1962 arbeitete er in verschiedenen Funktionen und weltweit beim US-Konzern IBM, ehe er 1987 zum Vorsitzenden der Geschäftsführung in Deutschland berufen wurde. Er führte zudem die IBM-Divisionen Europa, Naher Osten und Afrika.

Einer breiten Öffentlichkeit bekannt wurde Henkel, als er 1995 zum Präsidenten des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI) gewählt wurde. Er war eine pointierte und lautstarke Stimme der Wirtschaft. In dieser Funktion führte er auch eine erste BDI-Delegation zu einem Treffen mit Abgeordneten der Grünen im damaligen Bundestag in Bonn, das bei ihm selbst wie bei der ganzen BDI-Delegation einen bleibenden Eindruck hinterlassen haben mußte. Denn als sich nach den Bundestagswahlen 1998 Kanzler Gerhard Schröder sorgte, daß die Wirtschaft eine grüne Regierungsbeteiligung bekämpfen könnte, kamen von Henkel und dem BDI entwarnende Töne: Die Grünen seien nach ihrem Eindruck reformwilliger als die SPD.

Auch eine Karriere in der Wissenschaft zählt zum Lebenslauf des unermüdlichen Kämpfers. Von 2001 bis 2005 war Henkel Präsident der Leibniz-Gemeinschaft, dem Zusammenschluß deutscher außeruniversitärer Forschungsinstitute unterschiedlicher Fachrichtungen. Zudem lehrte er bis 2012 als Honorarprofessor an der Universität Mannheim. Henkel ist verheiratet mit der Psychologieprofessorin Bettina Hannover und Vater von vier Kindern. Er lebt überwiegend in Berlin, erholt sich aber auch gern in seinem Domizil am Bodensee. Henkel verfügt über eine beachtliche Sammlung chinesischer Kunst. Über Jahre war im Berliner „Jazz-Radio“ auch sein sonntäglicher „Jazz-Brunch“ zu hören. Am 14. März feiert er seinen achtzigsten Geburtstag.






Oswald Metzger war von 1994 bis 2002 Bundestagsabgeordneter der Grünen. 2008 wechselte er zur CDU und ist seit 2014 Vorstandsmitglied der Ludwig-Erhard-Stiftung.

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