© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 12/20 / 13. März 2020

Kabinenklatsch
Fragen sie lieber einen Experten
Ronald Berthold

Sport wird in dieser Zeitung ein bißchen, sagen wir mal, stiefmütterlich behandelt. Das ändern wir jetzt. Jede Woche wollen wir hier über die großen Geschichten und die kleinen Randnotizen rund um die Stadien, Umkleidekabinen und Turnhallen plaudern.

Beginnen wir mit Jürgen Klopp, dem charismatischen Erfolgstrainer des FC Liverpool. Im Stile eines robusten Innenverteidigers der Marke Niklas Süle hat er englische Journalisten auflaufen lassen. Die wollten von ihm wissen, was denn nun gegen die Corona-Seuche zu tun sei. „Ich verstehe nicht, warum die Meinung eines Fußball-Trainers dazu wichtig sein soll. Es ist unwichtig, was prominente Leute sagen.“ Die Medien sollten Experten fragen; Menschen, die davon etwas verstehen, erinnerte Kloppo die versammelte Mediengemeinde an ihre Aufgabe. Das gelte nicht nur für das Virus, sondern auch für die Politik.

Geisterspiele vor leeren Zuschauerrängen werden angesichts der Corona-Krise immer wahrscheinlicher

Oha. Da müßten Freiburgs Trainer Christian Streich die Ohren geklungen haben. Der Medienliebling hat zu allem was zu sagen. Und das ist immer högschd relevant. Egal, ob ein armer Bub aus einem Flüchtlingsheim in seiner Stadt eine junge Frau tötet. Oder ob linke Bayern-Fans behaupten, Dietmar Hopp sei der Sohn eines leichten Mädchens. Schuld ist immer die AfD. Viele warten schon gespannt darauf, wie er diese Rabulistik bei Corona hinbekommt. Eventuell sollten ihn die Sportreporter auch zu Gespenstern befragen. Denn daß es demnächst nur noch Geisterspiele gibt, wird immer wahrscheinlicher. Nachdem der Gesundheitsminister dazu aufforderte, jede Veranstaltung mit mehr als 1.000 Zuschauern abzusagen, wehrt sich die DFL. Die Bundesliga wird auf jeden Fall bis zum Ende durchgezogen. Nur ob dann noch Zuschauer dabei sein dürfen? Das Revierderby Dortmund gegen Schalke steigt bereits ohne Fans in den Kurven. 

Im fußballverrückten Italien finden schon viele Kicks vor leeren Rängen statt. Vielleicht sollte man in Deutschland überlegen, Bundesliga-Pressekonferenzen ohne Journalisten abzuhalten. Eine gespenstische PK mit Kulttrainer Streich wäre doch ein guter Anfang. Und keine große Umstellung.