© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 12/20 / 13. März 2020

Alptraum einer Weltregierung
Weltstaat und Weltgeld als Dystopie: Der Ökonom Thorsten Polleit über den Feldzug gegen nationale Geld­politik und das Bargeld
Bruno Bandulet

Als Präsident des deutschen Mises-Institutes, als Chefvolkswirt der Degussa und als Autor der JUNGEN FREIHEIT hat sich Professor Thorsten Polleit wie kaum ein anderer verdient gemacht um die Verbreitung der Philosophie der Österreichischen Schule. Der erste Teil seines neuen Buches baut denn auch auf Ludwig von Mises auf und vermittelt auf neunzig Seiten eine verständliche und übersichtliche Einführung in sein Werk. Wer schon immer wissen wollte, was unter handlungslogischem und apriorischem Denken zu verstehen ist, wird hier fündig. Polleit untersucht dann die zentrale Rolle des Eigentums, die Ungleichheit als Triebfeder der Zivilisation, die Entstehung des Geldes und die destruktive Ideologie des Sozialismus.

Polleit unterscheidet zwischen dem Sozialismus russischer Prägung, der gewaltsam enteignet, und dem Sozialismus deutscher Prägung, der das Eigentum an Produktionsmitteln grundsätzlich bestehen läßt, dafür aber die Einkommen und Vermögen teilweise enteignet und umverteilt. Seine intellektuelle Basis habe dieser im Kulturmarxismus gefunden, der auf Werte, Kultur und den Glauben der Menschen zielt.

Im zweiten Teil zeichnet das Buch eine Dystopie, das heißt ein negatives, schlechtes Bild der Zukunft. Geschildert wird die Entwicklung des Geldwesens vom Goldstandard des 19. Jahrhunderts über das 1944 beschlossene System von Bretton Woods bis hin zum Euro und das nach Meinung des Autors bereits bestehende Weltzentralbankenkartell. 

Das dystopische Ende des Prozesses bestünde dann in einem Weltgeld, einer Weltregierung und einer Weltherrschaft, die der Philosoph Karl Jaspers einmal als „Friedensruhe einer Despotie“ charakterisierte. Die Parteigänger eines demokratischen Sozialismus arbeiteten, so der Autor, bewußt oder unbewußt auf einen Weltstaat hin, der sich nur erreichen lasse, wenn zuvor ein einheitliches Weltgeld geschaffen werde – mit der Folge politischer Tyrannei und wirtschaftlicher Verelendung.

Tatsächlich lassen sich viele dieser Tendenzen am Euro-Experiment nachweisen: Zentralisierung, Reglementierung, Enteignung und ein Feldzug gegen Währungsvielfalt und nationale Selbstbestimmung. Richtig ist auch, daß immer wieder Vorschläge für eine Einheitsweltwährung gemacht wurden, zum Beispiel vom kanadischen Ökonomen Robert Mundell. Verwirklicht werden konnte nichts davon. Warum hätten die USA die Macht und die außerordentlichen Privilegien, die ihnen der Dollar als Reservewährung verschafft, mit anderen teilen sollen? Und mit dem wirtschaftlichen Aufstieg Chinas und der Rückkehr Rußlands auf die Bühne der Geopolitik beginnen die Vereinigten Staaten ihre Position als einzige Weltmacht zu verlieren. Eine multipolare Welt entsteht. Damit schwinden die Voraussetzungen für ein totalitäres Weltgeld. Es ließe sich am ehesten, glaubt auch Polleit, in Zeiten einer großen Krise durchsetzen.

Besonders interessant sind die im Text eingebauten Exkurse. Urzins und Marktzins, die nie null oder negativ sein können, werden erklärt. Behandelt werden die Nation als Sprachengemeinschaft und das Nationalitätenprinzip, beides Feindbilder des demokratischen Sozialismus, auch in der EU. Besprochen wird das Swap-Abkommen zwischen der EZB und der US-amerikanischen Notenbank, mit dem in der letzten Finanzkrise den europäischen Banken Dollars zur Verfügung gestellt wurden. In Kapitel 20 wird das Bargeld verteidigt, wobei Polleit deutlich macht, welche Motive hinter den Bestrebungen stecken, es abzuschaffen. Wie seltsam, daß die Freunde des Goldstandards, zu denen der Autor zählt, sich neuerdings für das Papiergeld stark machen müssen.

Ziemlich kurz ist das Thema Euro geraten. Nicht falsch ist die Feststellung, daß die in der EU den Ton angebenden Sozialisten mit der Einheitswährung die Nationalstaaten zwingen wollen, in einem Zentralstaat aufzugehen. Vor allem aber war es Frankreich, das sich an der monetären Souveränität Deutschlands störte und die Macht der Deutschen Bundesbank brechen wollte. In Paris sind im Gegensatz zu Deutschland der Europäismus und die Unlust an der eigenen Souveränität extrem unterentwickelt. Seit dem Austritt der Briten aus der EU und seitdem die Interessengegensätze zwischen Nord- und Südeuropäern, West- und Osteuropäern für Sand im Getriebe sorgen, sind die Zentralisten in Brüssel in der Defensive. Weltstaat und Weltgeld bleiben eine Dystopie. Je mehr davor gewarnt, je mehr den Anfängen gewehrt wird, desto geringer die Gefahr, daß sie verwirklicht werden.






Dr. Bruno Bandulet war Chef vom Dienst bei der „Welt“ und ist Herausgeber des „Deutschland-Briefs“ (erscheint in „eigentümlich frei“).

Thorsten Polleit: Mit Geld zur Weltherrschaft. FinanzBuch Verlag, München 2020, gebunden, 224 Seiten,  17,99 Euro