© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 13/20 / 20. März 2020

Verfassungsschutz beobachtet den „Flügel“
Ansteckend abschreckend
Christian Vollradt

Verfassungsschutzchef Thomas Haldenwang ist neben seinem Beruf Presbyter der Evangelischen Kirche im Rheinland. Das merkte man, als er verkündete, seine Behörde stufe den „Flügel“ der AfD „als gesichert rechtsextremistische Bestrebung“ ein. Da hakte kein nüchterner Bürokrat haarklein die Belege ab, wo es Kalbitz, Höcke & Co. auf die Freiheitsrechte, Gewaltenteilung, Verantwortlichkeit der Regierung, das Mehrparteienprinzip oder die Unabhängigkeit der Gerichte abgesehen hätten. Haldenwang predigte von einer „historischen Blutspur“ und geißelte das „geschlossen völkisch-ideologische Weltbild“. Vor allem sandte er die eine entscheidende Botschaft: Der Teufel steht rechts, wir haben verstanden.

Den Verfassungsschutz nun auf juristischem Wege in seine gesetzlich gezogenen Grenzen zu verweisen, ist das eine. Das andere wäre: ihm nicht mehr den geringsten Anlaß für Verdächtigungen zu liefern. Vor allem weil viel mehr Wähler, die sich ein konservatives Korrektiv gegen die verkrusteten (Ex-)Volksparteien und die Grünen dringend wünschen, von verbalradikalen Grenzüberschreitungen abgeschreckt als angezogen werden. Um bei Zahlen zu bleiben: Wahlen werden im Westen gewonnen – oder verloren–, wo die bürgerliche Allergie gegen die Schmuddelecke ausgeprägter ist. Wem das Brandenburger oder Thüringer Hemd näher ist als der gesamtdeutsche Rock, könnte am Ende nackt dastehen.