© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 13/20 / 20. März 2020

Leserbriefe

Zu: „Im Reich der Illusionen“ von Michael Paulwitz, JF 12/20

Beispielhafter Bürgermeister

Mit gutem Beispiel vorangehen, so fordern es gern die Grünen. Hierzu gibt es ein treffliches Vorbild: So hatte der Bürgermeister der italienischen Gemeinde Inzago, Andrea Fumagalli, die „Refugees-Welcome-Klatscher“ im Herbst 2018 zur Aufnahme der Flüchtlinge in den eigenen vier Wänden verpflichtet. Hierzu hatte er die Namen der Teilnehmer einer entsprechenden Demonstration feststellen lassen und diese eingeladen, im Rathaus ein Dokument zu unterschreiben, welches sie dazu verpflichtete, die von ihnen eingeforderten Flüchtlinge bei sich zu Hause aufzunehmen und damit die Konsequenzen ihrer Forderungen selbst zu tragen – also mit gutem Beispiel voranzugehen. Diese Methode trifft die „No Nation, no Borders“- und „Refugees Welcome“-Lobbyisten direkt ins Mark.

Wolfgang Kahl, Augsburg




Lauter unbeantwortete Fragen

Ja, hier stellen sich etliche Fragen: Sind es wirklich Kinder? Wer prüft das Alter und wie? Und woher kommen diese Kinder? Und wenn Kinder, folgt bekanntlich der Familiennachzug! Unbeantwortet ist auch die Frage: Was sind das für Eltern, die ihre schützenswerten Kinder alleine losschicken? Es fehlt mir einfach der Glaube, daß so viele unschuldige schützenswerte Kinder alleine ohne Unterstützung unterwegs sind. Hinzu kommt das Dilemma, daß es in der EU offenbar unmöglich ist, für Flüchtlinge einen einheitlichen Versorgungssatz festzulegen.

Alexander Tigges, Eschborn






Zu: „Spirale der Verachtung“ von Dieter Stein, JF 11/20

Verantwortungslose Politik

Das Verhalten der Altparteien gegenüber der AfD widerspricht der Verfassungslage! Die Verfassung kennt keine Wählerstimmen, die „bäh“ sind und diffamiert werden dürfen. Die heutige AfD ist vor allem eine Reaktion auf die konzeptionslose und deshalb auch veranwortunglose Flüchtlingspolitik von Kanzlerin Merkel. Diese Politik, mit der man vielleicht ein Bistum, aber keinen Staat führen kann, ist die Ursache für die wiedererstarkte AfD. Wenn hier etwas zu kritisieren ist, dann die Flüchtlingspolitik von Frau Merkel. Die rot-grün geprägte Medienlandschaft wagt es nicht, diese Verantwortung Merkels zu benennen.

Reinhard Wick, Bielefeld






Zu: „Absturz in die Gosse“ von Thorsten Hinz, JF 11/20

Keine Geschichtsschreibung

Bei der Betrachtung des Begleitbildes mit den FAZ-Herausgebern und der Kanzlerin (mit Raute) kommt einem unwillkürlich der Satz in den Sinn: „Würden Sie von diesen Leuten einen Gebrauchtwagen kaufen?“ Die hier zitierte Prognose Rolf Peter Sieferles, die Kanzlerin werde als Unheilsfigur und eine der großen Katastrophengestalten in die deutsche Geschichte eingehen, wird sich wohl nicht bewahrheiten. Es wird keine deutsche Geschichtsschreibung geben, die – außer in Kleinigkeiten – kritisch über die erste deutsche Kanzlerin berichten darf.

Eberhard Koenig, Baiern




Nach Jahrzehnten gekündigt

Als jahrzehntelanger FAZ-Abonnent kann ich der Analyse von Thorsten Hinz nur zustimmen. Der Leser der FAZ hat, sich verstärkend in den vergangenen Monaten, einen rasanten, ideologiegetriebenen Verfall journalistischer Qualität erlebt, als gäbe es einen Auftrag zum „Kampf gegen Rechts“. Die von Hinz zitierten Kommentare „Wir wissen genug“ (von Altenbockum) und „Blut geleckt“ (B. Kohler) veranlaßten mich zu meiner Abonnement-Kündigung. Der Qualitätsniedergang der FAZ sollte Auftrag und Ansporn für die JF sein, weiterhin die einzige journalistisch anspruchs- und qualitätsvolle konservative Zeitung zu sein, die in Deutschland verlegt wird.

Florian P. Rombach, München




Intellektueller Leckerbissen

Der Artikel von Thorsten Hinz ist wieder einmal ein intellektueller Leckerbissen. Offen bleibt jedoch die Frage: Was treibt Leute, die es eigentlich besser wissen müßten, in die Niederungen des Zeit- beziehungsweise Ungeists? Welche nicht einsehbaren Mechanismen wirken hier? Gäbe es von ihrem überflüssigen – und gewiß auch überbezahlten Schlag – nicht schon genug im deutschen Pressebetrieb, könnten sich heutzutage diverse FAZ-Autoren mit ihrem linken Rinnsteinjournalismus auch bei taz, ND oder Jungle World mit Aussicht auf Erfolg bewerben. 

Nicht die, die den Mißstand benennen, tragen Schuld an dessen Folgen, sondern jene, die ihn herbeigeführt haben. Bei selbstverliebten Ideologieplatzhirschen löst das Aufzeigen solch schlichter Logik offenbar unkalkulierbare Wutanfälle aus. Möglicherweise fühlen sie sich auch argumentativ ertappt, wenn sie wild um sich beißend den sie entlarvenden Widersachern „feinsinnige Niedertracht“ attestieren. Kaum zu glauben, aber wahr: Es gab tatsächlich Zeiten, da genossen FAZ-Journalisten einen dezenten, beinahe sakral-intellektuellen Ruf. Lang ist’s her! 

Wolfgang Walter, Kutzenhausen






Zu: „Die Logik der Sterbehilfe“ von Manfred Spieker, JF 11/20

Enttäuschend einseitig

Diese JF-Ausgabe hat mich sehr enttäuscht: Ausgerechnet eine Zeitung mit dem Begriff „Freiheit“ im Titel holt sich zum Thema Sterbehilfeurteil einen katholischen Professor als Autor. Entsprechend einseitig im Sinne kirchlicher Dogmen sind seine Ausführungen. Niemand muß doch Sterbehilfe in Anspruch nehmen. Daß man sich aber nach reiflicher Überlegung nun auch in Deutschland entscheiden kann, sinnlose Quälerei zu zu beenden, ist Fortschritt, Freiheit und Erlösung!

Kord Schwarze, Hannover






Zu: „Verkannter Erfolg“ von Bruce Gilley, JF 11/20

Außerordentlich wohltuend

Für diesen Beitrag danke ich dem Autor und Ihnen vielmals und von Herzen. Es ist außerordentlich wohltuend, ja erbauend, mal die Wahrheit und keine Verunglimpfungen über die afrikanischen Kolonien des Deutschen Reiches zu lesen. Und das bezeichnenderweise von jemanden, der nicht aus Deutschland stammt. 

Mein Vater war in den 1920er Jahren in Kamerun auf einer Kakao- und Kautschukpflanzung angestellt. Als er eines Abends in einer einsamen Hütte am Flußufer mitten im Urwald war, erscholl plötzlich der Große Zapfenstreich, geblasen auf einer Trompete. Er erzählte mir dreißig oder vierzig Jahre später, daß er nie wieder so etwas Schönes gehört hätte. Ende der 1920er/Anfang der 1930er wechselte er nach Deutsch-Ostafrika, wo mein Onkel, der älteste Bruder meines Vaters, Sisal- Kaffee- und Pfefferpflanzungen gekauft hatte. Eine davon verwaltete mein Vater. Mein Onkel kannte das Land sehr gut, weil er vor und während des Ersten Weltkrieges dort als Offizier stationiert war. Die Pflanzungen wurden 1939 von den Engländern konfisziert, die Männer wurden interniert und später auch die Frauen. Nach dem Krieg wurden alle, bis auf ganz wenige Ausnahmen, nach Deutschland geschickt. 

Mein Bruder war vor vier oder fünf Jahren mal auf der ehemaligen Pflanzung meiner Eltern und sprach seinen Führer, einen etwa fünfunddreißigjährigen Mann, darauf an, daß unsere Eltern mal dort gelebt und gearbeitet hatten, ebenso wie unserere Verwandten. Als Antwort bekam er ein respektvolles und ehrfurchtvolles „Ah, Major Brandis“ zu hören. Ähnliche Erlebnisse habe ich von einigen „alten Afrikanern“ gehört, deren Eltern im damaligen Tanganyika (heute Tansania) gelebt hatten und die dort geboren worden sind.

Helmut v. Brandis, Iphofen






Zu: „Streit um Rekonstruktion spitzt sich zu“ von Peter Möller, JF 10/20

Für Wiederaufbau fehlt der Wille

Die Bauakademie könnte längst zurückgewonnen sein: neben Schloß, Gendarmenmarkt und Friedrichswerderscher Kirche in weiterer Ergänzung dessen, was wir im Herzen von Berlin noch als Mitte aufzuweisen hätten. Wenn wir uns nur einig wären! Denn gebaut wird viel; fragt sich bloß, was. Was wir mit dem großartigen Gebäude (gleich an das Treppenhaus dabei gedacht) anfangen sollten? Wie man sich auch beim Schloß langhin in Ratlosigkeit erschöpft hat (vor allem seitens seiner Gegner). Ja, wozu könnte dieser besondere Ziegelbau dienen, dessen Rückgewinnung allein unentbehrlich wäre! Er sollte ganz und gar dem Handwerk zugeeignet sein und von ihm genutzt werden können, indem unter einem Dachverband ein Akademiebetrieb entstünde, dargestellt in besonderen Ausbildungsklassen für die mit dem Bauen beschäftigten Gewerke in Gestalt von Forschung, Lehre, Bildung und Weiterbildung in Kursen und Seminaren, und zwar besonders für diejenigen Handwerksbereiche, deren Können und Kenntnisse zu ihrer Auffrischung und Erhaltung nützlich oder vielmehr unentbehrlich sind, denken wir nur an den Denkmalschutz. Auch könnte es nebenher zu weiterem Erfahrungsaustausch öffentlichkeitswirksam wechselnde Ausstellungen geben.

Otmar Dittrich, Cuxhaven






Zu: „Auf unteres Mittelmaß abgerutscht“ von Dirk Glaser, JF 10/20

Die fehlende Brandsohle

So verdienstvoll aufklärende Bücher zu diesem Phänomen sind, bedarf es dieser ebensowenig wie der Pisa-Studien, um das flächendeckende Ausmaß der Verdummung zu erkennen. Denn kaum hat man seine häusliche Schutzzone verlassen, wird man sogleich mit diesem Phänomen konfrontiert. Da ist die Fleischfachverkäuferin in der Metzgerei, die eine Tafel mit Sonderangeboten beschriften will. Ihre in den Raum geworfene Frage, wie man denn das Wort „Schnitzel“ schreibe, löst bei den anwesenden Kolleginnen und Kundinnen eine kontroverse Diskussion aus – ohne einvernehmliches Ergebnis wohlgemerkt. Dann ist da der junge Polizeiwachtmeister, der seinen Bericht in die Tastatur hackt und plötzlich innehält, um seine Kollegin zu fragen, wie man das Werkzeug nennt, das am Tatort gefunden wurde. Die Bezeichnung für ein exotisches Instrument erwartend, werde ich bitter enttäuscht, als die Kollegin lapidar antwortet: „Das war eine Schaufel.“ Oder die Verkäuferin in einem gehobenen Schuhgeschäft, die ich beim Kauf hochwertiger Halbschuhe frage, ob diese eine Brandsohle aus Leder haben, worauf ich die bedauernde Antwort erhalte, daß man keine Schuhe für Feuerwehrleute im Sortiment hätte. Es liegt nahe, daß diese zweite Degeneration Erwachsener, durch antiautoritäre Erziehung und Bildungsverfall geformt, mangelndes Selbstbewußtsein und Verhaltensunsicherheit oft durch dummfreches Benehmen und Respektlosigkeit zu kompensieren versucht.

Matthias Schneider, Speyer






Zu: „Effizientere Proteine“ von Dirk Glaser, JF 10/20

Bitte zurück zur DNS

Nun also doch! Daß die JF auf den – mittlerweile medienseitig flächendeckenden – DNA-Kurs eingeschwenkt ist, gibt mir Grund zur Besorgnis. Anscheinend erhielt unsere gute alte DNS (Desoxyribonukleinsäure – 1869 in Tübingen entdeckt) in den jüngsten Ausgaben (zuletzt JF 10/20) Auftrittsverbot. Acid (englisch für Säure) ist angesagt und frißt sich heimlich, still und leise auch in bislang resistente Redaktionen durch (und das ist doch echt ätzend!). Das Kürzel DNA sollte im Rahmen internationaler Wissenschaftssprache englischen Fachtexten vorbehalten sein.

Petra Bachmann-Pietsch, Neustadt a.d. Aisch






Zu: „Personen werden ausradiert“ von Gil Barkei, JF 9/20

Selbstversuch macht klug ...

Als investigativer Journalist überprüfte ich sofort diesen Bericht über die radikalen Löschmethoden in bezug auf den Identitären Martin Sellner und den britischen Aktivisten Tommy Robinson! So setzte ich mit meinem nicht-öffentlichen Profil mehrere banale Beiträge ab, die sogar als Test erkennbar waren wie etwa „Test: Martin Sellner wird gelöscht.“ oder „Test 2: Martin Sellner ist identitär und wird gelöscht“ Bereits der zweite Beitrag genügte, um am Folgetag gelöscht zu werden. Dies zeigt: Die Vorverlagerung der Zensur in den nichtstaatlichen Bereich funktioniert. Da Facebook eine Monopolstellung für den digitalen Gedankenaustausch und als digitale Diskussionsplattform zukommt, muß sich die Anklage gegen die Bundesregierung richten, die Druck auf Facebook in Richtung Selbstzensur ausgeübt hat. 

Gleichwohl meine ich, daß beleidigende Inhalte bestraft gehören, denn Facebook ist kein anonymer Raum. Grundvoraussetzung dafür ist, daß Facebook die Profilinhaber tatsächlich kennt, also ladungsfähige Personenangaben besitzt. Wer dagegen ist, muß sich die Frage stellen lassen, wieso er anonym bleiben möchte und was er zu verbergen hat. Eine Staatsanwaltschaft, die von Facebook und ähnlichen Onlineanbietern mögliche Verstöße mit Angaben zum jeweiligen Urheber zur Überprüfung zugespielt bekommt, könnte den angezeigten Beitrag schnell bewerten und je nach Schwere der Tat auf digitalem Wege einen Strafbefehl beantragen, der von einem gleichermaßen digital gut aufgestellten Amtsrichter, der sich auf solche Delikte spzialisiert, erlassen werden. Dies funktioniert freilich nur dann, wenn die Eingänge automatisch in digitale Akten einlaufen und von einem Staatsanwalt, also Volljuristen bewertet werden. Die Differenzierung zwischen zulässiger Meinungsäußerung und strafbarer Beleidigung ist so schwer nicht. Die meisten Taten dürften binnen Minuten abgehandelt sein. Die Zunahme von Strafverfahren sollte die Nutzer mittelfristig dazu motivieren, sorgfältiger mit ihren Meinungsäußerungen umzugehen. Diese Einrichtung einer vollständig neuen Internet-Gerichtsbarkeit brauchen wir, wollen wir eine Zensur und gleichzeitig den Mißbrauch anonymer digitaler Räume ablehnen.

Bernhard Knapstein, Schneverdingen