© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 14/20 / 27. März 2020

Situation an der türkisch-griechischen Grenze
Von wegen entspannt
Albrecht Rothacher

Jeder autoritäre Herrscher sucht mit außenpolitischen Abenteuern von innenpolitischen Problemen abzulenken – so auch Recep Tayyip Erdo?an. Zehntausende, fast alle wie üblich junge Männer ohne Ausbildung und ohne Zukunft, die sich in den Slums der Metropolen Ankara und Istanbul angesammelt hatten, ließ der türkische Präsident an die griechische Landgrenze karren – bevor er nun „offiziell“ die Grenze wieder schließen ließ. Doch auch wenn der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell am Montag davon sprach, die Situation an der griechisch-türkischen Grenze habe sich entspannt und das EU-Türkei-Abkommen von 2016 könne wiederbelebt werden, darf man sich nicht täuschen lassen. 

Noch immer versucht die Türkei den Sturm der griechischen Grenze mit Polizeihilfe zu unterstützen. Nebelgranaten werden gegen die Griechen geschossen und Bolzenschneider an die illegalen Migranten verteilt. Anstatt darüber zu berichten, produzieren deutsche Medien gemeinsam mit den einschlägigen NGOs lieber Desinformationen über angebliches Fehlverhalten der griechischen Grenzverteidiger. Und obwohl die europäische Linke bereits am Einknicken war – es sollten Kinder und Frauen aus griechischen Insellagern aufgenommenen werden –, hat nun die Corona-Seuche angesichts jener unkontrollierten Menschenmassen dem linken Gutmenschentum einen Riegel vorgeschoben. Die Frage bleibt: Wie lange will die EU dem Treiben der Türkei noch zuschauen?