© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 14/20 / 27. März 2020

Die schwäbische Texilfirma Trigema stellt auf Schutzmasken um
In letzter Minute
Jörg Fischer

Wer es wissen wollte, der warf einen Blick auf die Amazon-Seite: Bereits im Januar waren medizinische Atemschutzmasken nicht mehr wie üblich lieferbar – weder in Deutschland, England, Japan oder den USA. Achim Theiler, Geschäftsführer der Allgäuer Firma Franz Mensch, die Hygienebekleidung, Mundschutz und Atemschutzmasken herstellt und vertreibt, warnte am 5. Februar Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) vor einem gefährlichem Engpaß.

Doch trotz der drohenden Corona-Pandemie exportierte Deutschland  massenhaft Masken nach China. Aber auch auf eine zweite E-Mail antwortete das Berliner Ministerbüro nicht, denn schließlich sei formal das Beschaffungsamt der Bundeswehr hierfür zuständig. Dabei war schon am 28. Januar bei einem Mitarbeiter der oberbayerischen Autozulieferfirma Webasto das Coronavirus festgestellt worden. Der 33jährige hatte sich wohl bei einer Kollegin aus China infiziert.

Nun ist der Jammer groß, im Internet kursieren sogar „Do it yourself“-Nähanleitungen für die Herstellung eines einfachen, wiederverwendbaren Mundschutzes. Ärzten, Rettungssanitätern, Krankenschwestern oder Polizisten ist damit nicht geholfen – doch zum Glück gibt es noch einige deutsche Firmen, die bislang nicht aus Shareholder-Value-Gründen ihre gesamte Produktion nach Asien oder Afrika verlegt haben: In dieser Woche will der schwäbische Textilhersteller Trigema, der schon im Zweiten Weltkrieg die Wehrmacht versorgte, mindestens 70.000 neue Schutzmasken ausliefern. „Übernächste Woche können wir dann rund 100.000 Masken schaffen“, versprach Firmenchef Wolfgang Grupp. Die Masken sind zwar nicht für intensivmedizinische Bereiche zertifiziert, aber sie sind kochbar und somit wiederverwertbar.

Das Drägerwerk ist hingegen nicht ganz so flexibel, denn die ebenfalls dringend benötigten höherwertigen FFP-Masken werden bislang in Schweden und Südafrika produziert. Immerhin sagte der Lübecker Medizintechnik-Konzern, dessen Aktienkurs steil anstieg, die Lieferung von 10.000 Beatmungsgeräten „made in Germany“ für heimische Krankenhäuser zu – wenn alle Zulieferteile lieferbar sind.

Auch der Passauer Hemdenhersteller Eterna hat kurzfristig auf Gesichtsmasken umgestellt. Allerdings derzeit nur in Banowitz (Bánovce nad Bebravou/Bán), wo 1924 bis 1945 Jozef Tiso Pfarrer der Stadtkirche war. Doch die 25.000 nun pro Tag gefertigten Masken hat sich erst einmal die slowakische Regierung gesichert. Da trifft es sich gut, daß BMW, Daimler und VW nach ihrer Produktionseinstellung die nicht mehr benötigten Schutzmasken dem überlasteten deutschen Gesundheitswesen spenden. Und noch wichtiger: Das Drägerwerk könnte fehlende Zulieferteile aus den 3D-Druckern der deutschen Autobauer erhalten – wenn denn die Arbeiter gesund bleiben.