© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 15/20 / 03. April 2020

Mnangagwa versucht die Kehrtwende
Farmland: Landgabe in Simbabwe und weiter Landnahme in Südafrika
Anna Meyer

Marxist Robert Mugabe kannte keine Gnade. Vor knapp 20 Jahren geißelte er die weißen Landbesitzer als „Feinde unseres Volkes“, die „unsere Revolution und unsere Unabhängigkeit rückgängig“ machen wollten. Der Präsident versprach zugleich, das beste Farmland des Landes neu zu verteilen, ohne den Besitzern Entschädigung zu zahlen, versäumte es aber, wie der britische Guardian berichtete, den Veteranen des Unabhängigkeitskrieges zu befehlen, ihre oft gewaltsame Besetzung von Land in weißem Besitz zu beenden. Mit Stöcken, Keulen, Messern, Speeren und auch mit AK-47-Sturmgewehren bewaffnet, hatten diese deren Güter gestürmt. Sie plünderten die Felder und Plantagen, raubten aus den Scheunen, was nicht niet- und nagelfest war, schlachteten Vieh und Geflügel und drangen in die Häuser ein. 

Weiße Farmer im Gespräch  mit Regierung in Harare

Nun die Wende. 800 Farmen und ihre Ländereien sollen zurückgegeben werden und cirka 21 Millionen US-Dollar für Ausgleichszahlungen dieses Jahr zur Verfügung gestellt werden. „Das Ziel der Reglung ist, jenen Land zur Verfügung zu stellen, die Anrecht auf Entschädigung haben“, teilte Landwirtschaftsminister Perence Shiri vergangene Woche mit.

Simbabwe galt, gemeinsam mit Südafrika, als Brotkorb des afrikanischen Kontinents und exportierte jahrzehntelang große Mengen an landwirtschaftlichen Erzeugnissen in die ganze Welt. Im Jahr 2000 erwirtschaftete das Land noch zwei Millionen Tonnen Mais, 250.000 Tonnen Weizen und schlachtete über eine halbe Million Rinder. Drastisch sind diese Zahlen seit den Enteignungen zurückgegangen, da ein Großteil des Agrarlands brachlag. Die Maisproduktion betrug in den vergangenen Jahren weniger als 500.000 Tonnen jährlich, und die Weizenproduktion schrumpfte 2016 sogar auf 65.000 Tonnen, während sich die Rindfleischproduktion mehr als halbierte.  

Das Ziel von Präsident Emmerson Mnangagwa, der nach dem Militärputsch im Jahr 2017 die Nachfolge von Staatspräsident Mugabe antrat, ist, durch Rückgabe von Land, die Wirtschaft anzukurbeln und Wohlstand durch Investitionen aus dem Ausland zurück ins Land zu bringen. Diese neuen Regeln gelten aber nur für ausländische Landbesitzer und für die wenigen Landwirtschaftsunternehmen, die Schwarzen gehörten. Weiße mit simbabwischer Staatsbürgerschaft, deren Vorfahren oftmals vor Hunderten von Jahren nach Afrika kamen, werden momentan noch nicht kompensiert. Viele befinden sich aber in Gesprächen mit der Regierung. 

Viele ausländische Landbesitzer stehen durch das Investitionsschutzabkommen unter völkerrechtlichem Schutz. Die Schweizer-deutsche Familie von Pezold, die Ende der achtziger große Ländereien in Simbabwe gekauft hatte, erstritt vor dem Schiedsgericht des Internationalen Zentrums zur Beilegung von Investitionsstreitigkeiten (ICSID) im Jahr 2016 schließlich Kompensationszahlungen in Höhe von 196 Millionen US-Dollar. 

Auch im benachbarten Südafrika ist die Zukunft der weißen Farmer nicht sicher. Die Regierung hält weiterhin an ihrem Plan fest, Zwangsenteignungen ohne Kompensation durchzuführen. Weiße mit landwirtschaftlichen Betrieben sind außerdem Ziel von grausamen Gewaltangriffen. 

Hoffnung auf Alternativen gab es, als der australische Innenminister Peter Dutton im Jahr 2018 auf die schwierige Situation im Land aufmerksam machte. „Ich glaube, diese Menschen verdienen besondere Aufmerksamkeit, die wir ihnen jetzt geben werden“, sagte er damals in einer Erklärung.

„Es ist eine furchtbare Situation, der sie ausgesetzt sind. Australien hat sowohl Flüchtlings- als auch humanitäre Programme sowie eine Anzahl anderer Möglichkeiten für ein Visum. Somit haben wir das Potential, einigen dieser verfolgten Menschen zu helfen.“

Anfang des Monats machten australische Medien jedoch darauf aufmerksam, daß trotz Duttons Versprechen kaum etwas geschehen sei. Von 570 humanitären Anträgen wurden lediglich 41 gestattet. Auch Visa für Menschen, die besonderen Schutz benötigen, wurden abgelehnt. In den vergangenen drei Monaten waren es 97. Für die australische Bürokratie ist es schwierig, die Situation der Farmer mit den Voraussetzungen für diese Programme zu vereinbaren.

Laut australischer Regierung wurden seit Juli 2018 über 80.000 Visa an Südafrikaner ausgestellt. Es ist nicht bekannt, wie viele davon für weiße Farmer waren. 

Währenddessen wird die Situation vor Ort immer gefährlicher, und die Medien berichten immer seltener über das Schicksal der Farmer. Annette Kennealy nutzte ihre Facebook-Seite, um die Welt über die Grausamkeiten gegenüber Farmern auf dem laufenden zu halten. So auch in ihrem letzten Post, bevor sie im Mai 2019 mit Hammer und Eisenstange auf ihrer Farm in der Provinz Limpopo zu Tode geprügelt wurde. 

In Südafrika schaut die Polizei gern einmal weg 

Collin Britz wurde vor einigen Tagen auf seinem Besitz in der Provinz KwaZulu-Natal ermordet. Eine Gang erschoß ihn tagsüber in seinem Haus und raubte zwei Waffen. In der Provinz wurden bereits sieben Farmmorde in den vergangenen sieben Monaten erfaßt. 

„Das Risiko für einen Farmer in Südafrika, ermordet zu werden, ist 4,5mal höher als für den Durchschnittsbürger des Landes. Dies bedeutet, daß die Wahrscheinlichkeit für einen Farmer in Südafrika ermordet zu werden dreimal so hoch ist wie die eines Polizisten in diesem Land“, sagt Ian Cameron, Sprecher von AfriForum, einer Organisation, die die Interessen der Afrikaaner vertritt.

In vielen Fällen schaut die Polizei weg. Wenn die Täter dann doch gefaßt werden, werden im Prozeß meistens Geld und Wertsachen als Motivation für die Tat vorgegeben. In einem Bericht von AfriForum steht jedoch: „Die extreme Brutalität bei Farmmorden ist in den meisten Fällen überhaupt nicht in Verbindung zu stellen mit den Werten, die tatsächlich geraubt wurden. Wir müssen davon ausgehen, daß Raub daher nicht das Motiv in diesen Straftaten ist.“