© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 16/20 / 10. April 2020

Verschärfung des Netzwerkdurchsetzungsgesetzes
Vor der eigenen Tür kehren
Michael Paulwitz

Wenn alles gebannt auf ein Thema starrt, ist die Gelegenheit günstig, fragwürdige Gesetze schnell und leise durchzudrücken. Besonders, wenn nicht nur die mediale Öffentlichkeit, sondern auch das Parlament im Krisenmodus ist und Regierungskritik fast schon als Defätismus gilt. Kaum ein Zufall also, daß die Bundesregierung den Corona-Ausnahmezustand nutzt, um ihr verunglücktes „Netz-werkdurchsetzungsgesetz“ (NetzDG) abermals drastisch zu verschärfen.

Die Unionsfraktion feiert schon die „Verabschiedung“ der NetzDG-Novelle durch das Bundeskabinett, als bräuchte die Regierung die Abgeordneten für die Gesetzgebung gar nicht mehr. Die hätten allen Grund, Alarm zu schlagen: Das Änderungsgesetz zielt auf die Ermächtigung des BKA zur Internetpolizei und der Internetkonzerne zur Hilfspolizei, es will staatlichen Stellen umfassenden Zugriff auf persönliche und Nutzerdaten und sogar auf Paßwörter und geschützte Daten ermöglichen.

Mit dem vorgeschobenen Kampf gegen „Haß und Rechtsextremismus“ hat das nur noch am Rande zu tun. Anders als die Corona-Notmaßnahmen ist das auch formal keine vorübergehende, sondern eine dauerhafte gravierende Einschränkung von Grund- und Freiheitsrechten. Wer da immer noch mit dem ablenkenden Anklage-Finger auf die ungarische Regierung zeigt, kehrt besser erst mal vor der eigenen Tür.