© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 16/20 / 10. April 2020

Achtung, Schnäppchenjäger!
Firmenübernahmen: China könnte als Gewinner aus der Corona-Krise hervorgehen / Kronjuwelen der Industrie vor dem Ausverkauf?
Arnulf Rall

Wer einmal länger in China war, der kennt die katastrophalen Zustände in der Massentierhaltung. Hinzu kommen die unfaßlichen Hygienebedingungen der Lebensmittelzubereitung in den großen Garküchen („Food Courts“). Ratten und Mäuse springen herum, auf schmutzigen Plastiktellern wird alles gegessen – von Hühnerkrallen, Schweineohren, Fischköpfen bis hin zu Fledermäusen.

Es gibt das schöne Bonmot: Die Chinesen essen alles, was vier Beine hat, außer dem Tisch. Hemmungslos wird auf den Boden gespuckt. Wenige waschen sich die Hände. Öffentliche Toiletten sind das Gegenteil ihrer japanischen Pendants. Kurzum: Das Reich der Mitte ist eine Brutstätte für Seuchen aller Art. Es begann mit Sars 2002, 2005 folgte die Vogelgrippe, und 2019 sprang der Coronavirus auf den Menschen über.

Um so infamer ist daher der anfängliche Versuch der chinesischen Staatspropaganda, via Internet US-Militärlaboratorien die Schuld an Covid-19 in die Schuhe zu schieben. Es werden PR-trächtig Flugzeuge in alle Welt geschickt, um Gratismasken zu verteilen. Präsident Xi Jinping propagiert die Überlegenheit des totalitären Staatsmodells bei der Krisenbekämpfung, einer Krise, die er selbst zu verantworten hat. Und es gibt nützliche Idioten wie Serbiens Präsident Aleksandar Vu?i?, der in Peking dankbar die chinesische Flagge küßte.

Wer wird der ökonomische Krisengewinner sein? Auch China! Dessen Wirtschaft scheint nach zwei Monaten Shutdown wieder in Gang zu kommen. Zwar liegen die Exporte darnieder, doch die unter 30 Dollar pro Faß gefallenen Ölpreise sind ein ideales Schmiermittel – allen CO2- und Klimaschutzversprechen zum Trotz. Bei 25 Dollar pro Barrel geht der US-Fracking-Industrie und ihren Finanziers die Puste aus. Es gibt Rohstoffe zum Schleuderpreis. Die fernöstlichen Konkurrenten Japan, Südkorea, Vietnam, Indonesien und Philippinen rutschen in eine tiefe Rezession. Über eine Million Menschen weltweit waren schon vorige Woche coronainfiziert, 55.000 sind bereits verstorben – Sars-1 kostete laut WHO nur 774 Opfer.

Für nur 1,4 Billionen Euro ist nun fast alles zu haben

Wenn in Europa und Nordamerika zwei Monate lang keine Autos, Haushaltsgeräte und Textilien mehr verkauft werden dürfen, Kurzarbeit und Massenarbeitslosigkeit grassieren, das Oster- und Pfingstfest ausfällt und die meisten Dienstleister zusperren müssen, dann sind zwar Angelas, Gretas und Luisas Klimaziele übererfüllt. Doch es ist buchstäblich Schicht im Schacht. Denn mit ihrem 3,1-Billionen-Schatz an Dollar, Euro, Pfund & Co. können Chinas Staatskonzerne nun zum Beutezug antreten. Laut Handelsblatt haben die 50.805 weltweit börsennotierten Firmen seit Februar etwa 19,4 Billionen Euro an Börsenwert verloren. Der Dax implodierte von fast 14.000 im Februar nun auf 9.500 Punkte. Deutsche Weltkonzerne sind nun zum Schäppchenpreis zu haben. BASF, BMW, Continental, Daimler, Lufthansa, Siemens, ThyssenKrupp sowie die zahlreichen mittelständischen Perlen und Hidden Champions – alles für zusammen nur 1,4 Billionen Euro auf Coronas Resterampe.

Bosch und Zeiss sind zwar durch ihre Stiftungen geschützt, VW durch die niedersächsische und Airbus durch die deutsch-französisch-spanische staatliche Sperrminorität. Und seit der leichtfertigen und ruinösen Übernahme des deutschen Roboter-Herstellers Kuka in Augsburg durch die Chinesen, ist die deutsche Politik zumindest teilweise aufgewacht. Das dürfte die Verhandlungen über eine Staatsbeteiligung bei Lufthansa vereinfachen – aber der Bundesfinanzminister kann nicht alle Firmen retten. Und der Staatseinstieg 2009 bei der Commerzbank war Geldvernichtung.

Es gab einen flammenden Appell von Ursula von der Leyen als EU-Kommissionspräsidentin gegen den Ausverkauf strategischer europäischer Industrien, die momentan in Liquiditätsnöte geraten. Auch arabische oder amerikanische Hedgefonds werden mitbieten, wenn die Aktienkurse weiter einbrechen.

„Die Corona-Krise darf nicht dazu führen, daß mit Staatsmitteln gepäppelte Unternehmen aus Drittstaaten die Kronjuwelen der europäischen Industrie zusammenkaufen können“, warnte Markus Ferber, der tüchtigste CSU-Abgeordnete im Europaparlament. „Die Mitgliedstaaten tun entsprechend gut daran, bei diesen Direktinvestitionen in diesen Zeiten ganz genau hinzuschauen“, so der Augsburger, der damit klingt wie die „Nationalisten“ bei AfD und Linkspartei.

Strengere Kontrolle bei ausländischen Investoren?

Aber im Prinzip ist, wie der SPD-Europaparlamentarier Bernd Lange richtig sagt, der Appell von der Leyens reine Symbolik. Bei ausländischen Übernahmen gibt es bislang in der EU nur einen reinen Informationen-Austausch. Nichts ist verbindlich – und wenn Spanien oder Italien noch mehr in die Bredouille komen, wird dort jeder Euro oder Dollar genommen – egal ob aus Hongkong, Dubai oder San Francisco.

Endlich müßte einmal wieder der Paragraph 55 der deutschen Außenwirtschaftsordnung, der die Überprüfung der internationalen Übernahmen regelt, insbesondere die unter dem besonderen Schutz des Staates stehen, wieder umgesetzt werden. Dazu zählen die Ener-giewirtschaft, die Wasserversorgung, IT-Unternehmen, die Rüstung, der Gesundheitssektor, die Finanzwirtschaft, Transport, Ernährung und Medien. Alles dies harrt der Umsetzung. Das von sechs Ministerien und Präsidentenberatern besetzte Committee on Foreign Investment in the United States (CFIUS, JF 34/18) sorgt schon seit 1975 für die Kontrolle von Auslandsinvestitionen. Und ohne Zustimmung des jeweiligen US-Präsidenten läuft gar nichts – egal, ob er Donald Trump oder anders heißt.

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