© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 18/20 / 24. April 2020

Globalisierung wichtiger als deutsche Medikamentenversorgung?
Propaganda und Kapitulation
Jörg Fischer

Ob der Audi Q5 aus Mexiko oder wie früher aus Ingolstadt kommt, interessiert die meisten Käufer nicht – allenfalls die bayerischen Autowerker oder Donald Trump, der lieber eine Produktion in Tennessee hätte. Wenn der Edel-SUV nicht lieferbar sein sollte, weil in San José Chiapa eine Katastrophe passiert ist, wechselt der Kunde eben zu Mercedes, BMW oder Lexus – nach dem Motto: Wenn’s kein Brot gibt, einfach Kuchen essen.

Aber was ist mit Medikamenten? „Um die Versorgungssicherheit auch in Krisenzeiten sicherzustellen, empfehlen wir Vorräte anzulegen“, sagen Martin Braml, Feodora Teti und Rahel Aichele vom Ifo-Institut. Die Lager sollten für jene „Dauer angelegt sein, die die heimische Volkswirtschaft benötigt, um selbst die Versorgung mit notwendigen Medizingütern sicherzustellen“. Daß eine Arzneimittelproduktion komplizierter ist als eine Fließbandumstellung bei Audi, interessiert die Münchner Nachwuchsökonomen ebensowenig wie die Tatsache, daß „Made in EU“ oft auf Asienimporten beruht. Sie warnen in ihrer Studie hingegen lieber vor „protektionistischen Maßnahmen“ und Subventionen, „um Autarkie bei der Medikamentenversorgung zu erreichen“, denn der „globale Handel von Medikamenten bietet weiterhin enorme Vorteile“.

Fragt sich nur für wen. Etwa für China, das mit Staatsgeldern eine Antibiotikaproduktion hochzog und so billig liefert, daß selbst Indien bei Penicillin zu teuer wurde. Nicht nur Deutschland, die einstige „Apotheke der Welt“, auch die europäische und die US-Konkurrenz sind bei essentiellen Wirkstoffen und ihren Vorprodukten längst auf chinesische Hersteller angewiesen. Das zeigte sich im Oktober 2016, als die QPC-Fabrik in Jinan am Gelben Fluß explodierte. Doch da war die Antibiotikaherstellung in Frankfurt-Höchst, die bereits 1944 begonnen und 1950 voll Fahrt aufgenommen hatte, schon eingestellt. Der letzte Hersteller, Corden Biochem, hatte vor China kapituliert.