© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 18/20 / 24. April 2020

Haltungsnote
Selbst kein Vorbild gewesen
Paul Leonhard

Disziplin und Wachsamkeit hat Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer gefordert. Gerade zu Ostern, aber auch darüber hinaus. „Es ist ganz wichtig, nicht wegfahren!“, beschwor er seine Sachsen. Und die hielten sich dran. Zumal die Sozialministerin klargestellt hatte:  „Das Verlassen der häuslichen Unterkunft bleibt ohne triftigen Grund untersagt.“ Überdies hatte der Innenminister bekundet, daß es „allein nicht mehr reicht“ an Verständnis und Vernunft der Bürger zu appellieren, und der Allgemeinverfügung eine Corona-Schutz-Verordnung mit Bußgeldkatalog folgen lassen.

Folgsam blieben Hunderte Datschenbesitzer in ihren Stadtwohnungen hocken, statt auf ihre Grundstücke zu fahren, wenn diese nicht „wohnortnah (im Umkreis von 15 km)“ lagen. Um so erstaunter wurde nun nach Ostern registriert, daß Kretschmer selbst die Feiertage nicht in Dresden verbracht hatte, sondern in seinem Umgebindehaus im Zittauer Gebirge. Ein Empörungssturm geht seitdem durch die sozialen Netze. Die Staatskanzlei bemüht sich eilig um Schadensbegrenzung: Der Besuch des eigenen Grundstücks sei ein „triftiger Grund“. Also kein Verstoß, aber Kretschmer hätte mit gutem Beispiel vorangehen und zu Hause bleiben müssen.