© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 19/20 / 01. Mai 2020

Muezzinrufe zum islamischen Freitagsgebet
Nicht gleichsetzbar
Marco F. Gallina

Der Ramadan ist in Corona-Zeiten mitten in der Gesellschaft angekommen: der Freitagsruf des Muezzins hallt im Herzen des Abendlandes. „Trost“ soll er den Muslimen spenden, ein Zeichen für „Toleranz“ und „Solidarität“ sein. Schon engagiert sich die FDP in Krefeld dafür, den Muezzin mit dem Glockengeläut der Kirchen gleichzusetzen. Aus zeitlicher Befristung würde dann generelle Genehmigung. 

Tatsächlich ist das Kirchengeläut mehr als nur Stunden- oder Arbeitsanzeige. Im katholischen Raum rufen die Glocken zum Angelus-Gebet auf. Das „Türkenläuten“ am Mittag erinnert an das Gebet zum Schutz vor Invasoren und geht auf die Belagerung Belgrads im Jahr 1456 zurück. Seine Legitimität bezieht dieses kulturelle Relikt aus dem einfachen Grund: es ist unser kulturelles Relikt. Dazu eng mit regionaler, nationaler wie europäischer Geschichte verbunden.

Der Muezzin, der das muslimische Glaubensbekenntnis schmettert, ist dagegen eine Verlautbarung islamischer Dominanz. Ihn mit dem Kirchenläuten gleichzusetzen, bedeutet mehr als Gerechtigkeit. Es bedeutet die Gleichsetzung tausendjähriger Tradition zugunsten einer Religion, die weder historisch noch geistig einen nennenswerten Einfluß auf die hiesige Kultur hatte. Aus einem vorgeschobenen säkularen Gedanken, der alle Religionen gleich behandeln möchte, wird schädlicher Kulturrelativismus.