© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 19/20 / 01. Mai 2020

Kabinenklatsch
Der erste Corona-Meister steht fest
Ronald Berthold

Solche Ideen können echt nur Beamte haben: Fußballspieler, die mit Mund-Nasenschutz auflaufen, ihn alle 15 Minuten wechseln und sofort eine Spielunterbrechung folgt, wenn er verrutscht. Denn anfassen dürfen sie ihn nicht. Wenn ich mir diese Bundesliga-Szenarien bildlich vorstelle, haben die Mitarbeiter von Bundesarbeitsminister Hubertus Heil immerhin dafür gesorgt, daß ich mich köstlich amüsiere. Muß in der Corona-Krise auch mal sein. Sonst hat man als Sportfan ja wenig zu lachen.

Fast genauso irre ist, was sich im Handball abspielt. Weil die Saison der Damen-Bundesliga abgebrochen wurde, ohne einen Meister zu küren, ist nun plötzlich von Frauen-Diskriminierung die Rede. Und hier führt ausgerechnet Reinhard Rauball das große Wort. Ja, genau der Reinhard Rauball, Präsident von Borussia Dortmund. Die BVB-Handballerinnen führten die Tabelle mit einem Punkt vor Titelverteidiger SG BBM Bietigheim an. Allerdings steht noch ein Drittel der Saison aus. Und auch das Spiel zwischen den beiden Spitzenteams mit Bietigheimer Heimvorteil wäre noch zu absolvieren.

Auch die Handballdamen des BVB wollen nun vorzeitig als Saisonsieger gekürt werden.

Rauball aber wütete: Ein „Skandal“ sei das. Der Sport werde „mit Füßen getreten“. Und das seien „Anzeichen einer Diskriminierung“. Seine Handball-Frauen müßten zum Meister erklärt werden. Anlaß seines Ausbruchs ist die Regelung bei den Männern. Der DHB machte den THW Kiel aufgrund seines großen Vorsprungs und weil nur noch gut ein Fünftel der Spiele zu absolvieren waren, zum Männerchampion. Die Holsteiner gehen nun als erste Corona-Meister in die deutsche Geschichte ein.

Vielleicht wäre es wirklich geschickter gewesen, auch diese Saison einfach zu annullieren – so wie es vorher die höchsten Ligen im Volleyball und Eishockey getan haben. Doch nun gleich die große Keule der „Ungleichbehandlung von Männern und Frauen“ im Handball herauszuholen, spricht eher für fehlendes Fairplay. Weil sich die Dortmunder benachteiligt fühlen, werden nicht gleich alle Handballerinnen diskriminiert. Zum Beispiel nicht die Bietigheimerinnen, die keinen so prominenten Präsidenten haben.