© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 20/20 / 08. Mai 2020

Thalers Streifzüge
Thorsten Thaler

Gespräch mit einem langjährigen Freund über die sozialen Auswirkungen der Corona-Krise. Dabei äußert er die Vermutung, daß die Verhaltensänderung bei Begrüßungsritualen außerhalb der Familie nachhaltig sein werde. Das Sich-Umarmen oder Bussi-Bussi-Geben werde auch nach einer Lockerung der Abstandsregeln zumindest auf eine weitere sehr lange Zeit aus dem Alltag verschwinden. Und selbst das einfache Händeschütteln könnte der Vergangenheit angehören. Unwillkürlich muß ich an das Buch „Vergessene Gesten“ von Alexander Pschera denken. Eine begeisterte Besprechung dieses Kompendiums der Verluste von Matthias Matussek in dieser Zeitung erschien unter der Überschrift: „Ein anständiger Händedruck tut es doch auch“ (JF 3/19). Nun, wenn die Annahme stimmt, daß auch Händegeben zur Begrüßung auf dem Aussterbeetat steht, kann Pschera diese Sitte dereinst in einer erweiterten Neuauflage seiner „Sammlung kurzer Nekrologe auf allerlei reizende Konventionen“ (Michael Klonovsky) hinzufügen. 


Der liebevollen Erinnerung an „Die kleine Kneipe“ von Peter Alexander (Streifzüge vom 24. April) folgt hier nun das Memento an den unvergessenen Komiker Heinz Erhardt: „Weil wir doch am Leben kleben/ muß man abends einen heben// So ein Virus ist geschockt/ wenn man ihn mit Whiskey blockt// Auch gegorner Rebensaft/ einen gesunden Körper schafft// Auch das Bier in großen Mengen/ wird den Virus arg versengen (…) Ich will hier nicht für Trunksucht werben,/ doch nüchtern will ich auch nicht sterben.“


Apropos Abstandsgebote: Vernünftig umgesetzt, gehören sie mit zu den erfreulichsten Folgen der Corona-Krise. Wenig mehr war und ist unangenehmer, als wenn Mitmenschen einem unerwünscht – sei es in Gesprächen von Angesicht zu Angesicht, sei es an der Supermarktkasse oder sonstwo – allzu dicht auf die Pelle rücken. Das ist unhöflich und nervt einfach nur. Bleibt also zu hoffen, daß die Abstandswahrung sich auch in Post-Corona-Zeiten behauptet.


Seit Kindheitstagen habe ich eine unergründliche Schwäche für den englischen Fußball, allen Vereinen voran für den FC Liverpool. Kaum ein europäischer Fußballklub strahlt einen gewaltigeren Mythos aus als die „Reds“. Mit großem Enthusiasmus empfehle ich daher allen Gleichgesinnten das im vorigen Jahr erschienene, wunderbare Buch von Dietrich Schulze-Marmeling über die Geschichte des FC Liverpool (Verlag Die Werkstatt, 19,99 Euro). Merke: You’ll never walk alone