© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 21/20 / 15. Mai 2020

In der Abstandsfalle
Bundesliga: Am Wochenende rollt der Ball wieder – ohne Publikum und auch nicht überall
Christian Schreiber

Der Neustart der ersten beiden deutschen Profifußball-Ligen wird zu einem Vabanquespiel. Waren die Auswirkungen der positiven Corona-Tests bei den Bundesligisten Borussia Mönchengladbach und dem 1. FC Köln nur gering – hier wurden nur die Betroffenen in eine 14tägige häusliche Quarantäne geschickt –, sorgte nun der Fall Dynamo Dresden für einen erheblichen Rückschlag. Nachdem zuerst ein Spieler positiv getestet wurde, ergab eine weitere Testreihe zwei weitere Fälle. Zwar klagte keiner der betroffenen Spieler über Symptome, das Gesundheitsamt Dresden verordnete der Mannschaft dennoch den kollektiven Rückzug. 

DFL-Chef Christian Seifert sieht noch keinen Grund zur Sorge: „Wenn Dresden 14 Tage in Quarantäne geht, ist das kein Grund, die gesamte Saison in Frage zu stellen. Wir haben von Anfang an gesagt, daß wir uns auf solche Fälle einstellen müssen. Wir machen uns nächste Woche Gedanken, wie wir mit den Spielen von Dynamo Dresden umgehen“, sagte er im „Aktuellen Sportstudio“. Für die Sachsen ist die Situation fatal. 

Der Club kämpft gegen den Abstieg aus der Zweiten Liga, bedingt durch die Zwangs- und Trainingspause entsteht dem Verein ein erheblicher Wettbewerbsnachteil. „Während die anderen Mannschaften trainieren und spielen, sitzen wir zu Hause und müssen uns, so gut es geht, fit halten“, sagte Dynamo-Kapitän Florian Ballas. 

„Staatliche Stellen geben den Takt vor“

Es ist derzeit noch völlig offen, ob die Dresdner nach der Quarantäne ein geregeltes Mannschaftstraining genehmigt bekommen. Selbst wenn, würde die Mannschaft laut Aussage von Sportgeschäftsführer Ralf Minge „mindestens eine Woche brauchen“, um halbwegs in Wettbewerbsverfassung zu sein. Die DFL hatte unter Federführung des DFB-Teamarztes Prof. Tim Meyer ein 40seitiges Hygienekonzept vorgelegt, das für den Fall eines positiven Tests lediglich häusliche Quarantäne für den betroffenen Spieler vorsah. 

Doch das Eingreifen der Gesundheitsbehörde zeigt, wie hilflos der Fußball den Entscheidungen der Politik ausgeliefert ist. „Es ist relativ egal, was wir uns mal gedacht haben. Die staatlichen Stellen geben den Takt vor. Momentan hätte ich es mir anders gewünscht“, sagt Geschäftsführer Seifert fast schon resigniert.

Noch hält der Verband an seinen Plänen fest. Doch auch DFB-Arzt Meyer schwant Böses: „Niemand konnte ernsthaft erwarten, daß es bei rund 1.700 Tests keine positiven Resultate gibt. Durch die Isolation dieser Spieler und Betreuer sowie die ausführlichen Hygienemaßnahmen sollte das in der Saison nicht oder nur extrem selten vorkommen. Aber natürlich gibt es eine große Debatte, was wäre, wenn bei einem großen Verein auf einmal fünf Stammspieler infiziert sein sollten.“